Full text: Das Staatsrecht des Herzogtums Sachsen-Meiningen.

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nach dem Ed. No. 6 Art. 38 „in den Städten und Dörfern ohne 
Genehmigung des Amtes nichts Neues gebaut werden“. 
Ferner gehören zu seinem Ressort die Regulierung der Triftver— 
hältnisse, Gemeinheitsteilungen, Obstanlagen auf gemeinen Plätzen, 
Vertilgung schädlicher Insekten, die Sorge, daß Aecker nicht aus 
bloßer Nachlässigkeit ungebaut liegen u. s. w. Einigen sich Gemeinden 
oder Interessenten hierbei nicht, so entscheidet das Ministerium, vor- 
behaltlich des Rechtsweges. Der Landrat kann auf Ansuchen von 
Privatpersonen ungebührliche Erweiterung erlaubter Wege und das 
Betreten unerlaubter Wege bei Strafe 1) untersagen. Er hat die ge- 
samte Polizei, mit Einschluß der Medizinal= und Sanitätspolizei und 
der Polizeistrafgewalt. Die Aemter dürfen Strafen von 3 Tagen 
Gefängnis oder verhältnismäßige Arbeit oder 5 Gulden Geldbuße 
aussprechen; höhere Strafen, aber nur bis 50 Gulden, Arbeitsstrafen 
bis zu 14 Tagen oder Gefängnis bis zu 14 Tagen muß das Staats- 
ministerium androhen und vollziehen (Ed. No. 6 Art. 3 Ziff. 12; 
G. v. 16. Juni 1829 Art. 39). Eine höhere Strafbefugnis müssen 
besondere Gesetze aussprechen (eod. Art. 40)2). Die Aemter bereiten 
vor, bezw. leiten das Enteignungsverfahren, falls kein Kommissar er- 
nannt wird (G. v. 28. Juni 1845 Art. 20). 
Der Landrat ist Vorsitzender des Kreisausschusses, bereitet die 
Beratungen vor und vollzieht seine Beschlüsse (G. v. 15. April 1868 
Art. 5, 20). Er setzt die Wandergewerbesteuer fest und erläßt bei 
Hinterziehung einen vorläufigen Strafbescheid (G. v. 25. Juni 1885 
Art. 8 fg.). 
Der Landrat bringt die durch Beschluß des Vormundschaftsge- 
richts in Zwangserziehung gebrachten, auf öffentlichen Kosten unter- 
zubringenden Minderjährigen unter und ordnet in allen Fällen die 
zur Zwangserziehung erforderlichen Maßregeln an. Er stellt auch die 
Kostenerstattungspflicht vorbehaltlich des Rechtswegs fest (Art. 5, 8 
G. v. 19. Aug. 1899). 
Der Landrat hält mittels Geldstrafen bis zu 1000 M. oder 
Haft bis zu 6 Wochen, soweit nötig, Eltern, Vormünder oder sonstige 
Erzieher, welche ein taubstummes oder blindes Kind den in Art. 1 
G. v. 18. Febr. 1887 vorgesehenen besonderen Unterrichtsanstalten 
nicht zuführen oder aber ihnen eine anderweite entsprechende besondere 
Erziehung oder Ausbildung nicht gewähren, an, dies zu tun. Ev. 
1) Vergl. auch R. St. G. B. § 3689. 
2) Vergl. hierzu auch das R. St.G.B., die R. St. P. O. und das G. v. 17. Juni 
1879 § 1 fg.; G. v. 15. Dez. 1880; 1. Juli 1885.
	        
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