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Der Gemeindevorstand ist ständiges Mitglied des Kirchenvor-
standes, wenn er stimmberechtigtes Mitglied der Kirchengemeinde
ist und zu ihr der größere Teil der politischen Ortsgemeinde gehört
(G. v. 4. Jan. 1876 § 13), sowie Vorsitzender des Schulvorstandes
(Art. 75 G. v. 22. März 1875), Mitglied bezw. Vorsitzender des
Gewerbegerichts (G. v. 9. Mai 1885 Art. 4), Mitglied der Ein-
kommensteuereinschätzungskommission, hat die Steuerrollen außzustellen
und der Amtseinnahme einzureichen und ihr die Einkommensteuerab-
und zugänge anzuzeigen (G. v. 18. März 1890 Artt. 25, 39 fg., 65).
Gemeindevorstände am Sitze eines Amtsgerichts sind verpflichtet, auf
Erfordern des Ministeriums die Amtsanwaltsgeschäfte zu übernehmen
(G. v. 16. Dez. 1878 § 37). Die Ueberwachung der Versteinung
der Grenzen s. o. § 16. Er hat jeden Todesfall, infolge dessen
Erbschaftssteuer fällig wird, der Amtseinnahme bezw. Untereinnahme
anzuzeigen (G. v. 20. Mai 1885 Art. 26).
In dringlichen Fällen können die Ortspolizeibeamten körperlichen
Zwang und vierundzwanzigstündige Verwahrung anwenden. Die im
öffentlichen Dienste angestellten Personen, welche die ihnen obliegenden
Amtspflichten verletzen oder vernachlässigen, können mindestens von
den amtlichen Vorgesetzten resp. der Dienst= und Aufsichtsbehörde
mit Verweis oder Geldstrafe bis zu 50 Thalern belegt werden (Art. 27
GO. und § 12 G. v. 22. Dez. 1870).
Das Amt des Gemeindevorstandes führt in Meiningen die
Bezeichnung „Der Magistrat der Residenzstadt“, in Salzungen, Hild-
burghausen, Eisfeld, Sonneberg, Saalfeld und Pößneck „Der Magistrat“,
in den übrigen Städten „Das Bürgermeisteramt“, in den übrigen Ge-
meinden „Der Gemeindevorstand“. Der Stelleninhaber führt in den
Städten den Titel „Erster Bürgermeister“, in den Landgemeinden „Schult-
heiß", in Meiningen „Oberbürgermeister“. Letzteren Titel kann der
Herzog auch anderweit verleihen. Der Stellvertreter in den Städten
heißt „Zweiter Bürgermeister“, der Rechnungsführer „Stadtkämmerer“
(VO. v. 18. Juni 1897).
Der Gemeinderechnungsführer, in den Landgemeinden gleichzeitig
der Stellvertreter des Gemeindevorstandes, besorgt die Einnahmen und
Ausgaben der Gemeinden nach Anweisung des Gemeindevorstandes
und führt die Gemeinderechnungen 1). Die Anstellung sonstiger Be-
amten beschließt grundsätzlich der Gemeinderat2), der Gemeindevorstand
verpflichtet und beaufssichtigt sie. Die Kassenverwaltung ist von ihm
1) Näheres in Art. 66, 67 GO.
2) Einzelne Ansnahmen in den Städten, Art. 30 GO.