142 Verfassungsurkunde. § 80—81.
2. Die katholischen Geistlichen unterliegen der Disziplinar-
gewalt des Bischofs nach den Bestimmungen des katholischen
Kirchenrechts; doch sind der Ausübung dieser Disziplinargewalt
durch das Gesetz vom 30. Januar 1862 Schranken gezogen:
a) Disziplinarstrafen dürfen von den kirchlichen Behörden nur
auf Grund eines geordneten Verfahrens verhängt werden (Art. 6
Abs. 1).
b) Sie dürfen ein bestimmtes Maß nicht überschreiten; Frei-
heitsentziehung ist ausgeschlossen, Geldbußen dürfen den Betrag
von 80 M., die Einberufung in das Besserungshaus der Diözese
darf die Dauer von 6 Wochen nicht überschreiten (Art. 6 Abs. 2 u. 3).
c) Von jedem auf eine Geldbuße von mehr als 30 M., auf
Einberufung in das Besserungshaus von mehr als 14 Tagen, ferner
auf Suspension, Versetzung, Zurücksetzung oder Entlassung lauten-
den Straferkenntnis ist der Staatsbehörde alsbald Mitteilung zu
machen.
d) Auch für das Disziplinarverfahren gilt der allgemeine Grund-
satz des Art. 7, daß Verfügungen und Erkenntnisse der Kirchenge-
walt gegen die Person oder das Vermögen eines Angehörigen der
katholischen Kirche wider dessen Willen nur von der Staatsgewalt
vollzogen werden können, und daß die Staatsbehörde zur Mitwir-
kung nur befugt ist, wenn der Bischof ihr zuvor über den Fall die
erforderlichen Aufklärungen gegeben, und wenn sie hiernach die
Verfügung oder das Erkenntnis weder in formeller Hinsicht noch
auch vom staatlichen Gesichtspunkt aus in materieller Beziehung zu
beanstanden gefunden hat. Nur unter dieser Voraussetzung darf
die Staatsbehörde auf Ersuchen der Kirchenbehörde bei der Füh-
rung einer kirchlichen Untersuchung mitwirken.
e) Disziplinarstrafsachen dürfen auch im Instanzenzug nicht vor
ein außerdeutsches kirchliches Gericht gezogen werden (Art. 10).
8 l. Besonders im Fall ihrer Entsetzung vom Irmite.
Tluch wird darauf Rücksicht genommen werden, daß ka-
tholische OGeistliche, welche sich durch irgend ein Dergebe#n die
Entsetzung vom Amte zugezogen haben, ohne zugleich ihrer