Full text: Die Verfassungsurkunde für das Königreich Württemberg.

166 Verfassungsurkunde. 8 92. 
b) in der untersten Instanz bei den Amtsgerichten ist das 
Erfordernis der kollegialischen Besetzung fallen gelassen und die 
Entscheidung durch Einzelrichter in weitem Umfange für statthaft 
erklärt; 
c) den Landesgerichten ist im Bereiche des bürgerlichen Rechts 
und des Strafrechts als oberste Instanz das Reichsgericht in Leipzig 
übergeordnet. 
3. Die ordentliche streitige Gerichtsbarkeit wird 
auf der Grundlage der Reichsgesetzgebung durch Gt Amtsgerichte, 
8 Landgerichte und ein Oberlandesgericht verwaltet, 
mit denen die Staatsan waltschaft, die Rechtsan walt- 
schaft und das Gerichtsvollzieherinstitut in enger Ver- 
bindung stehen; daneben sind für die Verwaltung der reichsgesetzlich 
zugelassenen oder vorgeschriebenen besonderen Gerichtsbarkeit Ge- 
meindegerichte, Gewerbegerichte und Kaufmanns- 
gerichte bestellt. Die freiwillige Gerichtsbarkeit wird in der 
Hauptsache von landesgesetzlich eingerichteten staatlichen Behörden, 
den Grundbuchämtern, Vormundschaftsgerichten 
und Nachlaßgerichten unter Beihilfe der Ratsschreiber, der 
öffentlichen Notare, der örtlichen Inventur= und Schätzungs- 
behörden verwaltet; einzelne Geschäfte sind den Amtsgerichten, 
den Civilkammern der Landgerichte, dem ersten Civilsenat des 
Oberlandesgerichts und dem Justizministerium übertragen und einige 
wenige Angelegenheiten der Entschließung des Königs vorbehalten ½. 
4. Die Verwaltung der Gerichtsbarkeit ist den 
Einzelstaaten verbliebenz;: sie wird daher in Württemberg 
nach wie vor „im Namen des Königs“ ausgeübt, wenn auch eine 
Einwirkung des Königs auf die gerichtlichen Entscheidungen, eine 
Kabinettsjustiz, durch die Unabhängigkeit der Gerichte aus geschlossen 
ist. Den Verwaltungsgerichten schreibt Art. 39 Abs. 1 des Gesetzes 
über die Verwaltungsrechtspflege vom 16. Dezember 1876 ausdrück- 
lich vor: „Die Entscheidung erfolgt im Namen des Königs“, und 
nach Art. 14 Abs. 7 des Gesetzes vom 25. August 1879, betr. die 
Entscheidung von Kompetenzkonflikten, findet diese Vorschrift auch 
auf das Verfahren vor dem Kompetenzgerichtshof Anwendung. 
1) Vgl. im einzelnen Gaupp-Göz S. 281—290.
	        
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