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b) in der untersten Instanz bei den Amtsgerichten ist das
Erfordernis der kollegialischen Besetzung fallen gelassen und die
Entscheidung durch Einzelrichter in weitem Umfange für statthaft
erklärt;
c) den Landesgerichten ist im Bereiche des bürgerlichen Rechts
und des Strafrechts als oberste Instanz das Reichsgericht in Leipzig
übergeordnet.
3. Die ordentliche streitige Gerichtsbarkeit wird
auf der Grundlage der Reichsgesetzgebung durch Gt Amtsgerichte,
8 Landgerichte und ein Oberlandesgericht verwaltet,
mit denen die Staatsan waltschaft, die Rechtsan walt-
schaft und das Gerichtsvollzieherinstitut in enger Ver-
bindung stehen; daneben sind für die Verwaltung der reichsgesetzlich
zugelassenen oder vorgeschriebenen besonderen Gerichtsbarkeit Ge-
meindegerichte, Gewerbegerichte und Kaufmanns-
gerichte bestellt. Die freiwillige Gerichtsbarkeit wird in der
Hauptsache von landesgesetzlich eingerichteten staatlichen Behörden,
den Grundbuchämtern, Vormundschaftsgerichten
und Nachlaßgerichten unter Beihilfe der Ratsschreiber, der
öffentlichen Notare, der örtlichen Inventur= und Schätzungs-
behörden verwaltet; einzelne Geschäfte sind den Amtsgerichten,
den Civilkammern der Landgerichte, dem ersten Civilsenat des
Oberlandesgerichts und dem Justizministerium übertragen und einige
wenige Angelegenheiten der Entschließung des Königs vorbehalten ½.
4. Die Verwaltung der Gerichtsbarkeit ist den
Einzelstaaten verbliebenz;: sie wird daher in Württemberg
nach wie vor „im Namen des Königs“ ausgeübt, wenn auch eine
Einwirkung des Königs auf die gerichtlichen Entscheidungen, eine
Kabinettsjustiz, durch die Unabhängigkeit der Gerichte aus geschlossen
ist. Den Verwaltungsgerichten schreibt Art. 39 Abs. 1 des Gesetzes
über die Verwaltungsrechtspflege vom 16. Dezember 1876 ausdrück-
lich vor: „Die Entscheidung erfolgt im Namen des Königs“, und
nach Art. 14 Abs. 7 des Gesetzes vom 25. August 1879, betr. die
Entscheidung von Kompetenzkonflikten, findet diese Vorschrift auch
auf das Verfahren vor dem Kompetenzgerichtshof Anwendung.
1) Vgl. im einzelnen Gaupp-Göz S. 281—290.