172 Verfassungsurkunde. § 95.
den Geheimen Rat (Vl. § 60 Ziff. 1) für die Regel in den Fällen
gegeben, in denen der Beschwerdeführer behauptete, daß er durch
die Verfügung eines Ministeriums nach Maßgabe der Vorschriften
des öffentlichen Rechts in einem ihm zustehenden Rechte verletzt
sei. Jetzt ist auf Grund des Gesetzes über die Verwaltungsrechts-
pflege vom 16. Dezbr. 1876 der Gerichtsbarkeit der ordentlichen
Gerichte, der Civilgerichtsbarkeit, die Gerichtsbarkeit der
Verwaltungsgerichte (Kreisregierungen und Verwaltungs-
gerichtshof) als gleichwertig zur Seite gestellt; es ist daher jetzt
der Rechtsweg, der Verwaltungsrechtsweg und der Verwaltungs-
weg zu unterscheiden 1).
2. Gerichtlichen Schutz bei den ordentlichen Gerichten genießen
nach heutigem Recht alle bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten,
für welche nicht entweder die Zuständigkeit von Verwaltungsbe-
hörden oder Verwaltungsgerichten begründet ist oder reichsgesetzlich
besondere Gerichte bestellt oder zugelassen sind (GVG. 8 13), wo-
gegen die subjektiven Berechtigungen des öffent-
lichen Rechts landesgesetzlich im Streitfall den Verwaltungs-
gerichten zur Entscheidung überwiesen sind. Beiderlei Gerichte haben
in erster Linie selbständig über die Voraussetzungen ihrer Gerichts-
barkeit, über die Zulässigkeit des Rechtswegs oder Verwaltungs-
rechtswegs zu erkennen. Kompetenzkonflikte zwischen den bürger-
lichen Gerichten und den Verwaltungsgerichten und zwischen den
Verwaltungsgerichten und Verwaltungsbehörden werden von dem
gemäß 8 17 GVG. eingesetzten Kompetenzgerichtshof nach den näheren
Bestimmungen des württemb. Gesetzes vom 25. August 1879 ent-
schieden ?).
a) Das Reichsrecht hat absichtlich eine Bestimmung des Be-
griffs der bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten unterlassen und so die
Feststellung dieses Begriffs der Wissenschaft überlassen. Für die
Grenze zwischen der Civil= und Verwaltungsgerichtsbarkeit ist nach
1) Vgl. Göz, Verwaltungsrechtspflege S. 6—8, 30—49.
2) Ueber das Verhältnis der württ. Verwaltungsgerichtsbarkeit
zur Civilgerichtsbarkeit und zur Verwaltung, sowie über Kompe-
tenskonflikte vgl. im einzelnen Göz, Verwaltungsrechtspflege S. 59
is 117.