Verfassungsurkunde. 8 100. 179
1. Die in § 100 bezeichneten Angelegenheiten unterliegen jetzt
der Reichsgesetzgebung und sind auch reichsgesetzlich geregelt:
a) Ueber die allgemeine Wehrpflicht und das Recht
Waffen zu tragen vgl. Vl. S§ 23 (S. 42).
b) Heeresersatz: der Gesamtbedarf an Rekruten wird seit
dem Reichsgesetz vom 26. Mai 1893 durch das Kriegsministe-
rium auf den Armeekorpsbezirk nach Verhältnis der im betreffenden
laufenden Jahr in diesem Bezirk vorhandenen diensttauglichen Mi-
litärpflichtigen verteilt. Die Militärersatzangelegenheiten werden in
Gemäßheit der reichsgesetzlichen Vorschriften von Behörden besorgt,
die dem Kriegsministerium in Gemeinschaft mit dem Ministerium
des Innern unterstellt sind, von der Ersatzkommission für den Ober-
amtsbezirk, der Oberersatzkommission als Ersatzbehörde zweiter In-
stanz, dem Oberrekrutierungsrat als dritte Instanz; über ihnen
steht als vierte Instanz, als Ministerialinstanz, das Kriegsministerium
in Gemeinschaft mit dem Ministerium des Innerng.
c) Militärstrafrecht: Für das materielle Strafrecht ist
maßgebend das Militärstrafgesetzbuch für das deutsche Reich vom
20. Juni 1872, das für einzelne militärische Verbrechen und Ver-
gehen besondere Bestimmungen trifft, und im übrigen die strafbaren
Handlungen der Militärpersonen den allgemeinen Strafgesetzen un-
terstellt; die Gerichtsordnung und das Strafverfahren sind durch
die Militärstrafgerichtsordnung vom 1. Dezember 1898 einheitlich
für das Reich geregelt. Auf ihrer Grundlage sind in Württemberg
eingesetzt: das Gericht des 13. Armeekorps in Stuttgart (Oberkriegs-
gericht), das Gericht der 26. Division in Stuttgart (Kriegsgericht),
das Gericht der 27. Division in Ulm (Kriegsgericht) und die Ge-
richte bei den Truppenteilen2). Diese im regelmäßigen militärischen
Verband stehenden Gerichte sind nicht als ständige Behörden, son-
dern als Kommissionen zur Entscheidung der einzelnen Fälle be-
rufen ?.
1) Vgl. Lab#and, Reichsstaatsrecht Bd. 4 S. 48 ff., 110 ff.;
Gaupp# Göz S. 445—446.
2) Vgl. Min Verf. v 8. Nor. 1900 (Rbl. S. 841).
*) Vgl. Laband a. a. O. Bd. 4 S. 107— 113.
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