Verfassungsurkunde. § 112. 215
würfe den Ständen vom Staatsministerium übergeben werden, hat
nach der Vorschrift des § 111 der Finanzminister den Etat
bei den Ständen einzubringen. Die Einzeletats werden von dem-
jenigen Ministerium, das die betreffenden Einnahmen und Aus-
gaben in der Ständeversammlung zu vertreten hat (§ 111, 2. Satz),
gefertigt und dem Finanzministerium übergeben; den Etatsentwurf
für das Kapitel Staatsschuld fertigt die Staatsschuldenkasse und
legt ihn dem ständischen Ausschuß zur Uebergabe an das Finanz-
ministerium vor, ebenso geht der Entwurf für die landständische
Sustentationskasse vom Kassier über den ständischen Ausschuß an
das Finanzministerium; von letzterem werden auch für die allge-
meinen nicht einem einzelnen Departement angehörenden Angele-
genheiten, wie Zivilliste, Apanagen, Pensionen, Gratialien, Ge-
heimerat, Verwaltungsgerichtshof, Reservefonds, Leistungen an das
Reich die Ausgaben-Etats gefertigt. Hiezu kommt noch der Ent-
wurf des Finanzgesetzes und eines Vortrags des Finanzministers
an die Ständeversammlung zum Finanzgesetz und Hauptfinanzetat.
Alle diese Entwürfe werden sodann der Beratung des Staatsmini-
steriums und des Geheimen Rats unterstellt und mit Begutachtung
dem König vorgelegt behufs Erteilung der Ermächtigung zur Ueber-
gabe an die Stände. Der Entwurf des Finanzgesetzes mit dem
Etat muß, weil er stets eine Abgabenverwilligung ansinnt, gemäß
§ 178 Vl. zuerst der zweiten Kammer vorgelegt werden.
Für die Anordnung des Etats, wie auch sonst für das
Etatsrecht, fehlen in Württemberg bestimmte gesetzliche Vorschriften;
doch hat sich im Lauf der Zeit eine feste Praxis gebildet:
a) Der württembergische Etat ist, wie der Etat des Reichs, ein
Netto-Etat; die Einnahmen werden mit dem Betrag eingestellt,
der sich nach Abzug der damit verbundenen Ausgaben ergibt, doch
werden diese Ausgaben im einzelnen berechnet und unterliegen der
ständischen Kontrolle; bei den Ausgaben kommen die damit zusammen-
hängenden Einnahmen ebenfalls in Abrechnung.
b) Eine Unterscheidung der Ausgaben in fortdauernde und
einmalige, welch letztere ordentliche oder außerordentliche sein können,
ist nicht üblich; dagegen findet sich neben dem ordentlichen Dienst,
der den regelmäßig wiederkehrenden Staatsbedarf umfaßt, der