222 Verfassungsurkunde. § 112.
b) In der Abfassung der gesetzlichen Vorschriften über die Be-
steuerung ist die württembergische Gesetzgebung nicht glücklich ge-
wesen und hat so den Keim zu tiefgreifenden Meinungsverschieden-
heiten über die hierauf bezügliche Zuständigkeit der beiden Kammern
gelegt. Die Vorschriften über die Besteuerung finden sich teils in
dem Finanzgesetz, bis zum Jahr 1830 Abgabengesetz genannt, teils
in sogenannten Steuer= oder Abgaben-Gesetzen, die im ordentlichen
Gesetzgebungswege als Dauergesetze verabschiedet sind und die be-
treffende Steuerpflicht entweder vollständig einschließlich der Steuer-
größe, des Steuersatzes, oder nur in einzelnen Beziehungen insbe-
sondere ohne den Steuersatz regeln; auf diese Dauergesetze wird
dann im Finanzgesetz verwiesen, wenn nötig mit den erforderlichen
Ergänzungen. Letzteren Weg ist die Gesetzgebung von Anfang an
bezüglich der indirekten Steuern gegangen; die direkten Steuern
dagegen wurden anfänglich grundsätzlich dem Abgabengesetz vorbe-
halten, dabei ist man aber dazu gekommen, statt in jedem Abga-
bengesetz diese Steuern selbständig und erschöpfend zu regeln, in
manchen Punkten auf das vorangegangene Abgabengesetz zu ver-
weisen, das streng genommen seine Wirksamkeit durch Zeitablauf
verloren hatte, und so in diesen Punkten dem Finanzgesetz fort-
dauernde Gültigkeit zu verleihen, so daß es insoweit den Charakter
eines ordentlichen Steuergesetzes annahm. Oder aber wurden in
das neue Finanzgesetz nur solche Punkte aufsgenommen, in denen
gegenüber dem seitherigen Finanzgesetz eine Aenderung eintreten
sollte und damit die vorübergehende Geltung des Finanzgesetzes
grundsätzlich verleugnet. Seitdem auch für die direkten Steuern
die Voraussetzungen ihrer Erhebung durch Dauergesetze geordnet
sind, ist im Finanzgesetz die Bezugnahme auf frühere Finanzgesetze
weggefallen.
5. Der Vollzug des Etats. Die Verwaltungsbehörden
haben die amtliche von den vorgesetzten Behörden zu überwachende
Verpflichtung zur Einhaltung des Etats; außerdem sind die Mi-
nister den Landständen gegenüber für eine dem Etat entsprechende
Verwaltung verantwortlich. Diese Verantwortlichkeit kommt in der
Verpflichtung der Regierung, den Landständen die wirklichen Rech-
nungsergebnisse im Vergleiche mit dem Etat nachzuweisen, und in