Full text: Die Verfassungsurkunde für das Königreich Württemberg.

Verfassungsurkunde. 8 128. 237 
digen Besorgung mit eigener Verantwortlichkeit unter der Kontrolle 
der Regierung übertragen. Bei der Verabschiedung der Verfassung 
wurde auf diese das natürliche Verhältnis umkehrende Gestaltung 
großer Wert gelegt und in der Bildung einer landständischen Schul— 
denzahlungskasse in Verbindung mit der Uebernahme der landstän- 
dischen Garantie für die Staatsschuld ein wichtiges Mittel zur 
Hebung des Landeskredits erblickt. Wenn nun auch im Laufe der 
Zeit sich bei dieser Einrichtung erhebliche Mißstände nicht ergeben 
haben, so dürfte doch nach den heutigen Anschauungen darüber kein 
Zweifel bestehen, daß der Kredit des württembergischen Staats von 
Aeußerlichkeiten in der Gestaltung des Kassenwesens nicht abhängt, 
daß die von der Verfassungsurkunde betonte Gewährleistung der 
Stände für die Staatsgläubiger einen praktisch greifbaren Inhalt 
nicht hat, und daß bei den gegenwärtigen Verhältnissen eine regel- 
widrige Organisation, die sich von einer gewissen Schwerfälligkeit 
und Kostspieligkeit nicht leicht losmachen kann, ohne Schaden für 
das Land entbehrt werden könnte. 
2. Unter Staatsschuldeni) im weiteren Sinn sind 
alle vermögensrechtlichen Verbindlichkeiten des Staates zu verstehen 
ohne Unterschied, ob sie auf einem privatrechtlichen oder öffentlich- 
rechtlichen Grunde beruhen. 
Die Staatsschuld im engeren staatsrechtlichen 
Sinne, der den §§ 119—123 zu unterstellen ist, begreift nur in 
sich die planmäßig unter Zustimmung der Stände gegen Ausstellung 
von Schuldscheinen oder Ausgabe von sogen. Schatzanweisungen 
auf den Staat übernommenen Geldanlehensverbindlichkeiten. Eine 
Bürgschaftsleistung des Staats, eine Staatsgarantie, zu deren 
Uebernahme nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen ebenfalls die Zu- 
stimmung der Stände erforderlich ist, bedeutet nicht eine Staats- 
1) Wegen der Literatur über den Begriff der Staatsschulden 
und über die württembergische Staatsschuld vgl. Laband, Reichs- 
staatsrecht Bd. 4 S. 364 ff.; Mohl, Staatsrecht Bd. 2 S. 775—786; 
Riecke, Verfassung S. 374—391; Bitzer a. a. O. S. 359—372; 
Sarwey BRd. 2 S. 548—552; Gaupp-Göz S. 91—93 und 
5 velé; Widenmeyer, Das Etat= und Kassenwesen, S. 63 
is 70. 
 
	        
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