Verfassungsurkunde. § 123. 243
Kammer der Standesherren in vollem Umfang aufrechterhaltenen
Anspruch auf Gleichberechtigung bei der Entscheidung über Grund-
stocsveräußerungen und Anlehensaufnahmen in der Kammer der
Abgeordneten kein Widerspruch laut geworden.“
Nach den vorstehenden Ausführungen unterliegen, wie nun
im § 181 Abs. 2 in der Fassung des Art. 26 des Verfassungsge-
setzes vom 16. Juli 1906 ausdrücklich anerkannt ist, alle Staats-
anlehen gleichermaßen dem ordentlichen Gesetz-
gebungsweg ohne Räücksficht darauf, ob sie in einem besonderen
Gesetz oder im Finanzgesetz verabschiedet werden, und ohne Rück-
sicht darauf, ob die Anlehensmittel zur Deckung außerordentlicher
Bedürfnisse der Verkehrsanstalten oder anderer Zweige der Staats-
verwaltung oder zur Deckung eines Fehlbetrags der laufenden Ver-
waltung bestimmt sind ½.
6. Die in der Verfassungsurkunde §8§ 116, 120 u. 193 „Schul-
denzahlungskasse“, dagegen in § 188 Abs. 2 Staats-
schuldenzahlungskasse“ genannte Kasse führte zuerst den
letzteren Namen (Staatsschuldenstatut vom 22. Juni 1820 und vom
22. Februar 1837) heißt aber jetzt gemäß einem vom König geneh-
migten Beschluß der Ständeversammlung „Staatsschulden-
kasse"“ (ogl. Bekanntmachung des Finanzministeriums vom 25.
Juni 1896, Rbl. S. 140). Ueber ihre Verwaltung bestimmt in Er-
gänzung des § 120 der § 188 Abs. 2, daß, solange die Stände nicht
versammelt sind, dem Ausschusse die Aufsicht über die Kasse zusteht.
Da jedoch die Leitung dieser Verwaltung eine fortdauernde Tätig-
keit auch während des Landtags, solange der Ausschuß außer Funk-
tion tritt, voraussetzte, hat sich schon seit dem Jahre 1821 das
Bedürfnis fühlbar gemacht, für diese Leitung während des Land-
tags eine gemeinschaftliche, von den beiden Kammern aus ihrer
Mitte im Zusammentritt gewählte Kommission, einzusetzen, welche
die einfachen und unzweifelhaften Sachen selbst zu erledigen, wich-
tigere und verwickeltere Gegenstände aber den beiden Kammern vor-
bereitet zur Entscheidung vorzulegen hat; regelmäßig besteht diese
1) Hiernach ist Gaupp-Göz S. 89 Note 5 zu berichtigen.
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