256 Verfassungsurkunde. IX. Kapitel.
Stuttgart nach Maßgabe des Art 17 (d. h. direkt) gewählten Ab-
geordneten.
2. Aus 24 durch dieselben Bezirke nach Maßgabe des Art. 18
(d. h. unter Berücksichtigung der Steuerleistung) gewählten Abge-
ordneten.
3. Aus 4 von der evang. und 2 von der kath. Kirche gewählten
Vertretern.“
Der Anlauf erschöpfte sich jedoch mit dem Verfassungsgesetz
vom 26. März 1868 (vgl. S. 249).
Mit der Gründung des Deutschen Reichs traten zunächst andere
Fragen in den Vordergrund. Als dann die Regierung in den
Jahren 1885/6 den vergeblichen Versuch machte, der Ersten Kam-
mer durch die Erhöhung der Zahl der vom König zu ernennenden
erblichen Mitglieder neue Kräfte zuzuführen, entspann sich eine leb-
hafte Erörterung der zeitgemäßen Zusammensetzung der Ständever=
sammlung. Bei den darauf eingeleiteten Verhandlungen mit Ver-
trauensmännern der beiden Kammern suchte die Regierung eine
Verständigung in der Richtung herbeizuführen, daß Vertreter der
Ritterschaft, der Geistlichkeit und der Universität in die Erste
Kammer aufgenommen und an ihrer Stelle 22 Abgeordnete in
größeren Wahlbezirken von den Höchstbesteuerten und den Mitglie-
dern der Amtsversammlung in die Zweite Kammer gewählt wer-
den. Von den Vertrauensmännern der Abgeordnetenkammer wurde
namentlich das Wahlrecht der Mitglieder der Amtsversammlung
beanstandet und der Ersatzwahl von 17 Abgeordneten in größeren
Wahlbezirken ausschließlich durch die Höchstbesteuerten der Vorzug
gegeben. Diese Grundlage erschien jedoch der Regierung bedenk-
lich und so verliefen die Verhandlungen ohne praktisches Ergebnis.
Ein erneuter Versuch wurde mit einem Gesetzesentwurf vom
8. April 1894 unternommen. Hiernach sollte die Erste Kammer
bestehen:
1. aus den Prinzen des königlichen Hauses;
2. aus den Häuptern der fürstlichen und gräflichen Familien
und den Vertretern der standesherrlichen Gemeinschaften, auf deren
Besitzungen vormals eine Reichs= oder Kreistagsstimme geruht hat,
sowie aus den Häuptern der gräflichen Familien von Rechberg und