258 Verfassungsurkunde. IX. Kapitel.
Berufung von 21 nach dem Verhältniswahlsystem in den vier Krei-
sen des Landes zu wählenden Abgeordneten und schlug für die Erste
Kammer einen Zuwachs durch acht Vertreter des ritterschaftlichen
Adels, zwei Vertreter der evangelischen und einen Vertreter der
katholischen Kirche, zwei Vertreter der Hochschulen und durch Er-
höhung der Höchstzahl der lebenslänglichen Mitglieder auf zehn
vor; daneben sollten die Stichwahlen abgeschafft und die Rechte
der Ersten Kammer bei der Feststellung des Staatshaushalts erweitert
werden. Auch für diesen Entwurf war, namentlich infolge der ab-
lehnenden Haltung der Zentrumsfraktion, die erforderliche Zwei-
drittelsmehrheit in den beiden Kammern nicht zu gewinnen.
Zum Ziele führte endlich ein Entwurf vom 15. Juni 1905:
anknüpfend an den Entwurf von 1897 wollte er die Zahl der Mit-
glieder der Zweiten Kammer auf 75 beschränken in der Weise, daß
er die Privilegierten ohne Ersatz ausscheidet und der Stadt Stutt-
gart sechs Abgeordnete zugesteht, die nach dem Grundsatz der
Listen= und Verhältniswahl gewählt werden; der Ersten Kammer
war ein Mitgliederstand von 47 zugedacht; zu den Prinzen, den
Standesherren und den erblich Ernannten sollten hinzutreten: 6
ritterschaftliche Mitglieder, die zusammen von den immatrikulierten
Besitzern oder Teilhabern der Rittergüter des Landes aus sämt-
lichen Mitgliedern ritterschaftlicher Familien gewählt werden, ferner
6 Vertreter der Kirchen, nämlich auf evangelischer Seite der Prä-
sident des evangelischen Konsistoriums, der Präsident der evange-
lischen Landessynode und zwei evangelische Generalsuperintendenten,
auf katholischer Seite der Landesbischof und ein Abgeordneter des
Domkapitels, des weiteren je ein Abgeordneter der Landesuniver=
sität in Tübingen und der Technischen Hochschule in Stuttgart,
endlich 6 vom König auf Lebenszeit ernannte Mitglieder und 2
Vertreter des Handels= und Gewerbestandes, sowie 2 Vertreter der
Landwirtschaft, die vom König je auf die Dauer einer Wahlperiode
aus den näher bezeichneten Kreisen ernannt werden.
Im Laufe der Verhandlungen über diesen Entwurf mußten der
Zweiten Kammer 17 weitere durch Listen= und Verhältniswahl in
zwei großen Wahlkreisen gewählte Abgeordnete zugestanden werden,
außerdem wurde die Zahl der ritterschaftlichen Mitglieder der Er-