22 Verfassungsurkunde. 88.
§ 3. Thronfolgefähigkeit ½.
Die Fähigkeit zur Thronfolge setzt rechtmäßige Geburt
aus einer ebenbürtigen, mit Bewilligung des Königs geschlos-
senen She voraus.
1. Das Recht auf die Krone ist durch folgende drei Vor-
aussetzungen bedingt:
a) Abstammung von dem am 22. Dez. 1797 verstorbenen
Herzog Friedrich Eugen als dem Nachkommen des 12Ö65
verstorbenen Grafen Ulrich 1.) 5.
b) Die Ehe der Eltern muß rechtsgültig, ebenbür-
tig und, soweit es sich um die Erbfolge im Mannsstamm handelt,
mit Bewilligung des Königs geschlossen sein. Die
Rechtgültigkeit der Ehe bestimmt sich nach den Vorschriften des
bürgerlichen Rechts mit der Maßgabe, daß die Funktion des Standes-
beamten nach einem kgl. Dekret vom 3. April 1877 dem Staats-
minister der auswärtigen Angelegenheiten und Minister des K. Hauses
obliegt. Für die Ebenbürtigkeit ist maßgebend das Familienher-
kommen, wie es zur Zeit der Auflösung des Reichs 1806 in Württem-
berg bestand und letztmals im Hausgesetz vom 13. Dez. 1803 zum
Ausdruck kam; hiernach sind nur Ehen „aus kaiserlichen, königlichen
reichsfürstlichen oder wenigstens altgräflichen reichsständischen Häu-
sern“ ebenbürtig; ferner sind nach dem aushilfsweise entscheidenden
Privatfürstenrecht völkerrechtlich anerkannte Souveräne und Mit-
glieder entthronter Regentenfamilien ebenbürtig. Der Mangel der
Ebenbürtigkeit kann durch königlichen Gnadenakt nicht geheilt werden.
Wird vom König die Einwilligung zur Ehe nachträglich erteilt, so
sind nur die nach der Erklärung der Einwilligung erzeugten Kinder
zur Thronfolge berechtigt.
c) Die Geburt muß in einer so beschaffenen Ehe
erfolgt sein. Ausgeschlossen sind die im Ehebruch und die vor
1) Vgl. Mohl a. a. O. Bd. 1 S. 158 ff.; Sarwey a. a. O.
Bd. 1 S. 42 ff.; Gaupp-Göz S. 57—59.
2) Vgl. Württ. Stammbaum von E. Schneider, Stuttgart
1900 und den Stammbaum des Mannsstamms des Württ. Regen-
tenhauses bei Fricker und Geßler a. a. O. S. 288 ff.