Full text: Die Verfassungsurkunde für das Königreich Württemberg.

Verfassungsurkunde. 8 129. 277 
9. Den standesherrlichen Mitgliedern der Ersten Kammer (8 129 
Ziff. 2), steht das besondere Recht der Stellvertretung nach Maß- 
gabe des § 156 Vl. zu. 
10. Die lebenslänglichen Mitglieder werden von dem 
König nach freiem Ermessen ernannt; die frühere Direktive des § 131 
ist aufgehoben. Tatsächlich werden sie seit längerer Zeit ausschließ- 
lich dem Stande der höheren Staatsbeamten entnommen. Unter 
den Voraussetzungen des § 130 neue Fassung erhöht sich die nor- 
male Höchstzahl. 
11. Die Sitz= und Stimmordnung in der Ersten Kammer war 
durch § 162 Abs. 1 und 3 fest bestimmt, ist aber durch das neue 
Verfassungsgesetz der Geschäftsordnung überlassen. 
12. Zurzeit zählt die Erste Kammer — gegenüber 55 Mit- 
gliedern bei dem Inkrafttreten der Verfassung — 30 Mitglieder: 
4 Prinzen, 18 Häupter standesherrlicher Familien, 2 erblich und 6 
auf Lebenszeit ernannte Mitglieder; im letzten Jahrzehnt hat sich 
die Zahl der Standesherren um drei vermindert. Von diesen 
30 Mitgliedern sind katholisch 4 Prinzen, 12 Standesherren, 2 erb- 
liche Mitglieder, zusammen 18, evangelisch oder reformiert 6 Standes- 
herren und 6 lebenslängliche Mitglieder, zusammen 12. Die gegen- 
wärtige dürftige und einseitige Zusammensetzung der Ersten Kammer 
entspricht in keiner Weise den Anforderungen, die unter den heutigen 
Verhältnissen an eine lebenskräftige parlamentarische Körperschaft 
gestellt werden müssen. Die Erste Kammer ist, wie auch die ihr im 
Eingang des § 129 verliehene Bezeichnung „Kammer der Standes- 
herren“ besagt, im wesentlichen eine Vertretung des hohen Adels 
und der Interessen des vorzugsweise in seinen Händen befindlichen 
Großgrundbesitzes; dem Handel, dem großen und kleinen Gewerbe, 
der kleinen Landwirtschaft ist eine Vertretung nicht gesichert. Hierzu 
kommt noch, daß ein großer Teil der württembergischen Standes- 
herren durch die konkurrierende Mitgliedschaft in anderen parlamen- 
tarischen Körperschaften, durch auswärtigen Grundbesitz, Staats- 
dienst und Wohnsitz von einer regen Teilnahme und Mitwirkung 
an dem Gange der württembergischen Gesetzgebung und Politik ab- 
gehalten werden: von den 14 fürstlichen württembergischen Standes- 
herren gehören zugleich als erbliche Mitglieder an 7 dem Reichsrat
	        
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