304 Verfassungsurkunde. § 146.
4. Gewählte Beamte haben nach Maßgabe des Gesetzes vom
20. März 1886 (Rbl. S. 85) die Kosten ihrer Stellvertretung zu tragen
(vgl. § 194 und GemeindeO. Art. 185 Abs. 2, Bezirks O. Art. 67).
5. Durch die Fassung des Abs. 2 ist das Hindernis, das seither
der Wählbarkeit der Mitglieder der Ritterschaft bei den allgemeinen
Wahlen für die Zweite Kammer entgegenstand, beseitigt worden.
Den vom Abs. 2 nicht getroffenen Mitgliedern der Ersten Kammer,
den lebenslänglichen Mitgliedern, den gewählten Vertretern des
ritterschaftlichen Adels, den gewählten zwei Generalsuperinten-
denten, dem gewählten Vertreter des bischöflichen Ordinariats und
dem gewählten Dekan, den gewählten Vertretern der Hochschulen
und den ernannten Vertretern des Handels= und Gewerbestandes
und der Landwirtschaft ist die Wählbarkeit in die Zweite Kammer
nicht entzogen. Doch kann nach § 147 niemand gleichzeitig Mit-
glied beider Kammern sein.
6. Die für beide Kammern gültigen Abs. 3 und 4 entsprechen
inhaltlich durchaus dem Art. 21 der Reichsverfassung, der sich auf
die Mitgliedschaft von Beamten im Reichstage bezieht. Ob im
einzelnen Falle die Voraussetzungen des Abs. 4 vorliegen und ein
Verlust der Kammermitgliedschaft anzunehmen ist, hat die beteiligte
Kammer in erster Linie zu entscheiden, daneben steht der Regierung
für die Frage der Anordnung einer Neuwahl ein selbständiges
Prüfungsrecht zu; für Kollisionsfälle sind besondere gesetzliche Be-
stimmungen nicht vorgesehen. Nach der Absicht des Gesetzgebers ift
bei der praktischen Handhabung des Abs. 4 die Auslegung des
Art. 21 der Reichsverfassung zu beachten 1). Maßgebend dürfte der
Zeitpunkt des Eintritts in das Amt sein; unerheblich ist die bloße
Verleihung eines höheren Rangs unter Beibehaltung der bisherigen
Stelle oder das Vorrücken in einen höheren Gehalt auf der bisherigen
Stelle, desgleichen die Uebernahme von Gemeinde-, Korporations=
Kirchen= und Hofämtern. Unter Amtz ist eine dienstliche Stelle mit
1) Vgl. Laband, Reichsstaatsrecht Bd. 1 S. 315 Note 3;
Verhandl der Kammer der Abg. 1870/74 Prot Bd. 9 S. 489,
1893/94 Beil Bd. 3 S. 3, Prot Bd. 1 S. 785; Gaupp-Göz S. 101
Note 4; Bitzer a. a. O. S. 160; Sarwey BRd. 2 S. 172.