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der Zweiten Kammer zur Abstimmung aufgerufen und so fortgefahren
wird (Gesch. O. der Ersten Kammer § 4). Die Abstimmung ist mit
Ausnahme der Wahlen öffentlich und erfolgt in den wichtigeren
Fällen durch Namensaufruf, sonst durch Aufstehen und Sitzenblei-
ben. Kein anwesendes Mitglied darf sich der Abstimmung enthal-
ten, es wäre denn, daß die Frage seine persönlichen Verhältnisse
beträfe. Der Präsident der Zweiten Kammer hat das Recht, die
Herbeirufung der in den ständischen Gebäuden anwesenden und
die öffentliche Nennung der diesem Ruf nicht folgenden Mitglieder
anzuordnen. Wer, im Saale anwesend, die Abstimmung durchaus
verweigert oder wer nicht unbedingt mit Ja oder Nein abstimmt,
wird als gegen den Antrag stimmend gezählt.
Motivierung der Abstimmung ist in der Zweiten Kammer zu-
lässig, wenn wenigstens drei Mitglieder sich zu einer gemeinschaft-
lichen Erklärung vereinigen, die dann nach der Verkündigung des
Beschlusses vom Präsidenten zu verlesen ist. Die Stimmen-
mehrheit ist regelmäßig die absolute (ygl. Gesch.O.
der Ersten Kammer § 79 Abs. 2); soweit übrigens in dieser Rich-
tung gesetzliche Bestimmungen nicht bestehen (vgl. §8 164, 190 und
Gesetz vom 6. Juni 1855) bleibt es nach der Fassung des § 176,
der sich auch auf die Wahlen bezieht, dem geschäftsordnungsmäfßi-
gen Ermessen der Kammern überlassen, sich auch mit der relativen
Stimmenmehrheit zu begnügen. Werden in den einzelnen Kam-
mern in einer Wahl mehrere Personen gewählt (Schriftführer,
Kommissionsmitglieder), so genügt die relative Mehrheit und ent-
scheidet bei gleicher Stimmenzahl das natürliche Alter oder das
Los (Gesch. O. der Ersten Kammer § 81, der Zweiten Kammer § 91).
Bei den von der Ständeversammlung im Zusammentritte beider
Kammern vorzunehmenden Wahlen von gemeinsamen Beamten,
Mitgliedern des ständischen Ausschusses und des Staatsgerichtshofs
(VU. 8§ 190, 193 Abs. 2 und 196 Abs. 1, Staatsschuldenstatut vom
22. Febr. 1837 Art. 10 Abs. 2) entscheidet relative Stimmenmehr=
heit (Vu. §5 190 Abs. 1, Gesetz vom 6. Juni 1855).
2. Unter Punkten der Verfassung im Sinne des zwei-
ten Satzes des § 176 sind solche Bestimmungen zu verstehen, die
entweder formell in der Verfassungsurkunde enthalten sind oder