Full text: Die Verfassungsurkunde für das Königreich Württemberg.

Verfassungsurkunde. § 185. 357 
2. Abs. 1 der neuen Fassung ist wortgenau dem Art. 30 der 
Reichsverfassung angepaßt; zugleich deckt er sich in der Hauptsache 
mit dem Inhalt des § 11 StGB.: „Kein Mitglied eines Landtags 
oder einer Kammer eines zum Reich gehörigen Staats darf außer- 
halb der Versammlung, zu welcher das Mitglied gehört, wegen 
seiner Abstimmung oder wegen der in Ausübung seines Berufs 
getanen Aeußerungen zur Verantwortung gezogen werden.“ Die 
strafrechtliche Verantwortlichkeit der Ständemit- 
glieder ist mit dieser Bestimmung des Reichsrechts ausgeschlossen; 
für die civilrechtliche Verant wortlichkeit in der im 
Abs. 1 bezeichneten Richtung sind die Vorschriften des Bürgerlichen 
Gesetzbuchs maßgebend. In diesen beiden Beziehungen kommt dem 
Abs. 1 eine Wirksamkeit neben dem Reichsrecht nicht zu; wirksam 
ist dagegen die in Abs. 1 vorgesehene Ausschließung der diszi- 
plinären Verantwortung vor den Landesbehör- 
den. Vorbehalten bleibt die Verantwortung der Ständemitglieder 
vor dem Staatsgerichtshof (§8§ 195—205). Die politische Verantwort- 
lichkeit gewählter Abgeordneten gegenüber den Wählern, politischen 
Vereinen u. s. w., die tatsächlicher Natur und wesentlich Vertrauens- 
sache ist, kommt bei dem Abs. 1 nicht in Betracht. Die Worte 
„oder sonst“, die in der Reichsverfassung den Ausschluß civilrecht- 
licher Schadensersatzansprüche bedeuten, haben in der Landesver- 
fassung kaum einen Inhalt; von der Zeugnispflicht sind die Stände- 
mitglieder so wenig als die Mitglieder des Reichstags befreit, auch 
nicht wegen der Aeußerungen in Ausübung des Berufs. 
3. Unter den Abstimmungen und Aeußerungen sind auch solche 
in landständischen Kommissionen und im Ständischen Ausschuß zu 
verstehen. 
4. Die Verantwortung innerhalb der Ständeversammlung ist 
durch Abs. 1 vorbehalten und mit Abs. 2 näher bestimmt. Aus 
dem 2. Bericht der staatsrechtlichen Kommission der Kammer der 
Standesherren zu Abs. 2 ist folgende Ausführung hervorzuheben: 
„Wenn hier die Rüge als Pflicht der betreffenden Kammer bezeichnet 
wird, so ist damit gewiß nicht ausgeschlossen, daß die Rüge nach 
Umständen auch von dem Präsidenten der Kammer erteilt werden 
kann, welcher schon durch seine Obliegenheit, für Aufrechterhaltung
	        
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