66 Verfassungsurkunde. IV. Kapitel.
durch Ministerien ersetzt. Seine Wiederherstellung war eine ange-
legentliche Sorge der altwürttembergischen Partei; die Verfassungs-=
urkunde stellte auch den Geheimen Rat als „die oberste unmittelbar
unter dem König stehende und seiner Hauptbestimmung nach bloß
beratende Staatsbehörde“ wieder her (§ 54 Vu.), setzte aber daneben
die Minister als die verantwortlichen Leiter der sechs Verwaltungs-
departements ein (§8 55, 56). Außerdem war der Geheime Rat
nach der Verfassungsurkunde die oberste entscheidende und verfügende
Behörde in Verwaltungsrechtssachen, bei Beschwerden über Straf-
erkenntnisse der Administratiostellen und bei Zwangsenteignungen
hinsichtlich der Frage ihrer Notwendigkeit (§ 60 Ziff. 1—3). Auch
sollte der geschäftliche Verkehr zwischen dem König und den Ständen
ausschließlich durch den Geheimen Rat vermittelt werden (88 38,
126, 160). Das Bedürfnis, bei der Erledigung der staatlichen Ge-
schäfte die Verantwortlichkeit der Minister zur vollen Geltung zu
bringen und zumal für die Instruktion der Bevollmächtigten im
Bundesrat den Geschäftsgang zu beschleunigen, führte seit dem
Jahre 1876 dazu, daß der Geheime Rat Stück für Stück seiner Be-
fugnisse entkleidet und in die Stellung einer nur beratenden, politisch
wenig bedeutenden Behörde zurückgedrängt wurde. Am einschnei-
dendsten wirkte hier das Gesetz vom 1. Juli 1876, betreffend die
Bildung eines Staatsministeriums '): das Staatsministerium
bildet hiernach die maßgebende oberste beratende Behörde, in seine
Hände ist der Verkehr mit den Ständen und die Instruktions-
erteilung an die Bundesratsbevollmächtigten gelegt. Das Gesetz
über die Verwaltungsrechtspflege vom 16. Dezbr. 1876 übertrug
dann die Funktionen des Geheimen Rats in Verwaltungsrechtssachen
und Strafrechtssachen (§ 60 Ziff. 1 und 2) dem neu geschaffenen
Verwaltungsgerichtshof, während für die Entlassung von Beamten
im Disziplinarwege (8§ 47, 48 Vl.) durch das Beamtengesetz vom
28. Juni 1876, Art. 116, durch das Volksschullehrergesetz vom
30. Dezbr. 1877 Art. 38 ff., durch die Gemeindeverwaltungsnovelle
vom 31. Mai 1891 Art. 56 ff. und durch das Gesetz vom 18. Juli
1895, betr. das Disziplinarverfahren gegen evangelische Geistliche,
1) Abgedruckt im Anhang als Beil. 4.