Verfassungsurkunde. 8 44. 71
mäßig der Nachweis des Besitzes der deutschen Reichsangehörigkeit
als Voraussetzung der Zulassung zu den Dienstprüfungen verlangt').
Der früher übliche Gemeindeangehörigkeitsnachweis ist in Wegfall
gekommen.
2. Art. 3 Abs. 1 der Reichsverfassung verleiht der Reichsange-
hörigkeit die Wirkung, daß der Angehörige eines jeden Bundes-
staats in jedem andern Bundesstaat als Inländer zu behandeln ist.
Durch diese sofort in Kraft getretene Bestimmung ist der zweite
Satz des § 44 dahin geändert worden, daß Reichsangehörige
bei gleicher Tüchtigkeit vorzugsweise vor Fremden zu berücksichtigen
sind?).
3. Der Satz, niemand könne ohne vorgängige Erstehung der
gesetzmäßigen Prüfung ein Staatsamt erhalten, ist in dieser Allge-
meinheit praktisch nicht durchgeführt. Von Haus aus bezieht er sich
nicht auf die Minister, Departementschefs und die übrigen Mit-
glieder des Geheimen Rats (Vu. § 57, Beamten Ges. Art. 2 Abs. 1);
sodann kann er der Natur der Sache nach nur auf solche Staats-
ämter angewendet werden, für welche die Erstehung einer Dienst-
prüfung vorgeschrieben ist. Dies ist allerdings in weitem Umfange
geschehen. In den Departements der Justiz, des Innern und der
Finanzen, sowie auch im Eisenbahn-, Post= und Telegraphendienst
und im Lehrfach wird zwischen höheren und niederen Dienstprü-
fungen unterschieden; die ersteren befähigen zu allen Stellen des
Departements oder des in Frage stehenden Fachs, während die
niederen nur für einen bestimmten engeren Kreis von untergeord-
neten Stellen Anwartschaft verleihen. Die höheren Prüfungen im
Departement der Justiz, des Innern und der Finanzen teilen sich
in die erste den drei Departements gemeinsame Prüfung („erste
höhere Justizdienstprüfung“) und die zweite für jedes Departement
besonders bestehende Prüfung („Staatsprüfung"). Die Zulassung
zu der ersten höheren Justizdienstprüfung erfordert das Reifezeugnis
1) Vgl. K. VO. v. 7. Dez. 1903. betr. die Befähigung für den
höheren ustizdienst § 7 Abs. 1 2.
2) Vgl. Laband, Staatsrecht W. 1 S. 167, 169—171; Gaupp
Göz S. 146 Note 2; anderer Ansicht Sarwey, Staatsrecht Bd. 2
S. 2% Note 3.