Full text: Die Verfassungsurkunde für das Königreich Württemberg.

Einleitung. 3 
Unmittelbarkeit bei Kaiser und Reich zur formellen Anerkennung 
gebracht. Dagegen erhielten sich die vierzehn Prälaten der 
ehemaligen großen Mannsklöster das Landstandschaftsrecht, die 
Stände bestanden nunmehr aus diesen Prälaten und der 
Landschaft, d. h. den Abgeordneten der Städte und Aemter, 
als den Vertretern des Landes. Die urkundliche Grundlage der 
Verfassung bildete der Tübinger Vertrag vom 8. Juli 1514, 
die weitere Ausbildung erfolgte durch Landtagsabschiede, Testa- 
mente der Regenten, Verträge, insbesondere den Erbvergleich 
vom 2. März 1770. Eine an Einfluß stetig wachsende, schließ- 
lich die Tätigkeit der Landschaft nahezu verdrängende und wegen 
grober Mißbräuche stark angefochtene Stellung nahm der Stän- 
dische Ausschuß ein, dem auch die berüchtigte „geheime 
Truhe“ unterstellt war. Der kleine Ausschuß bestand aus 
zwei Prälaten und sechs Abgeordneten der Landschaft und er- 
gänzte sich durch den Hinzutritt von zwei weiteren Prälaten und 
sechs weiteren Abgeordneten der Landschaft zum großen Aus- 
schuß; die Befugnisse des Ausschusses waren durch den sog. 
Ausschußstaat (der älteste von 1554, der jüngste von 1638) 
geregelt. 
Das Verhältnis zwischen dem Herzog und den Ständen wurde 
von den Beteiligten wie ein privatrechtlicher Vertrag aufgefaßt; 
den Verkehr zwischen beiden vermittelte der Geheimerat, dem 
alle die Aufgaben zufielen, mit denen heute die Minister betraut 
sind. Gesetzgebung und Regierung lagen ohne Mitwir- 
kung der Stände in den Händen des Herzogs; die erforderlichen 
Kosten hatte er aus dem Ertrage des seiner freien Verwaltung 
überlassenen mit dem Aufwand für die Landesregierung belasteten 
Familienfideikommisse, dem sog. Kammergut, zu decken. Ein 
Besteuerungsrecht kam dem Herzog nicht zu, zur Verwil- 
ligung von Steuern waren ausschließlich die Stände berechtigt. 
Die jetzige Etatswirtschaft war noch unbekannt; wenn der Ertrag 
des Kammerguts zur Deckung des Hofhalts und Staatshaushalts 
nicht ausreichte, was bald zur Regel wurde, kam es zur Schul- 
denaufnahme und an der Verzinsung und Tilgung solcher Schul- 
den beteiligte sich die Landschaft unter Mitwirkung des Kirchen- 
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