90 Verfassungsurkunde. 8 53.
streckungshandlungen der fraglichen Art am betreffenden Orte vor-
zunehmen befugt ist.
b) Das württembergische Beamtengesetz hat einer-
seits die Vorschriften in § 53 Vl., andrerseits die Bestimmungen
des Reichsbeamtengesetzes und des Strafgesetzbuchs vorgefunden und
nun diese beiden mit einander zu vereinigen gesucht in seinem Art. 4,
der lautet:
„Jeder Beamte ist verpflichtet, das ihm übertragene Amt der
Verfassung und den Gesetzen entsprechend gewissenhaft wahrzuneh-
men und durch sein Verhalten in und außer dem Amte der Achtung,
die sein Beruf erfordert, sich würdig zu zeigen.
Für die Verantwortlichkeit der Beamten bleiben die Bestim-
mungen der §8§ 51 bis 53 der Vl. (vergl. übrigens 8 113 des
St GB. für das Deutsche Reich) maßgebend.“
Hiemit ist eine bedauerliche Unklarheit, ein Mangel an Folge-
richtigkeit in das Gesetz hineingekommen. Aus der Kombination
von Reichsrecht und Landesrecht dürften folgende Sätze abzuleiten
sein:
aa) Steht eine Handlung oder Unterlassung in Frage, die im
Strafgesetzbuch mit Strafe bedroht ist, als gemeines Vergehen oder
als Amtsvergehen, so kann von einer Gehorsamspflicht des Beamten
nicht die Rede sein; die Berufung auf eine Anweisung einer höheren
Behörde würde den Beamten vor der gesetzlichen Strafe und den
sonstigen Folgen der Gesetzesverletzung nicht schützen.
bb) Begegnet der Beamte bei Ausführung eines Auftrags einem
Widerstand, so hat er gemäß § 113 St GB. in dem angegebenen
Umfange (lit. a) die Rechtmäßigkeit seines Vorgehens selbständig
auf eigene Verantwortung zu prüfen; eine vorgängige Anfrage und
Belehrung seitens der höheren Behörde nach § 53 Abs. 2 VBl. ver-
mag ihm die eigene Verantwortlichkeit nicht abzunehmen.
cc) Im übrigen bestimmt sich der Umfang der Pflicht zur Prü-
fung der Anweisungen höherer Behörden, das Verfahren zur Lösung
der dabei auftauchenden Zweifel und die von eigener Verantwortung
entbindende Gehorsamspflicht nach den Vorschriften des § 53 VU. 2).
1) Vgl. über die Frage der Gehorsamspflicht und der Verant-
wortlichkeit der Beamten, insbesondere Laband, Reichsstaatsrecht