Full text: Gesetz-Sammlung für die Königlichen Preußischen Staaten. 1811. (2)

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welche, um sich den wider sie gerichteten Verfolgungen zu entziehen, sich in das 
Gebiet des andern Staats moͤchten gefluͤchtet haben, sollen daselbst auf die erste 
Requisition der competenten Behörde, sammt den bei sich führenden Effekten, von 
den Civil= oder Militair-Behörden des Orts, wo sie angetroffen worden, ver- 
haftet und, jedoch mit Vorbehalt der in dem nachfolgenden öten Artikel enthal- 
tenen Ausnahme, sammt den angehaltenen Effekten der Obrigkeitz, welche sie 
reclamirt, ausgeliefert werden. 
Art. 2. Ist der Reclamirte in dem Lande, wohin er sich geflüchtet hat, 
schon wegen gleicher oder größerer Verbrechen als die sind, um deren Willen 
er reclamirt wird, angeklagt oder schon verurtheilt, so soll man nicht schuldig 
seyn, ihn auszuliefern. Man soll ihm alsdann seinen Prozeß machen, und er 
soll nach den Gesetzen des Landes, wo er sich befindet, gestraft werden. Wird 
aber dieser Mensch für unschuldig erkannt, oder hat er, nachdem er verurtheilt 
worden, seinc Strafe ausgestanden, oder ist derselbe begnadigt worden, so soll 
er dem Gouvernement, das ihn reclamirt hat, ausgeliefert werden, um nach 
Maasgabe der in dem Gebiet der reclamirenden Macht begangenen Verbrechen 
gerichtet und gestraft zu werden. 
Art. 3. Die Verhaftung und Auslieferung soll in Hinsicht des, eines 
Verbrechens Verdächtigen, auf Ansicht des Verhaftbefehls der Justizbeamten 
der reclamirenden Macht, und in Hinsicht des wegen Verbrechen Verurtheilter 
auf Ansicht des gegen sie ausgesprochenen Urtels erfolgen. 
Art. 4. Um alle, der Erforschung und Verfolgung der Verbrecher 
nachtheilige Zögerungen zu vermeiden, sollen die Richter und öffentlichen Beamten 
der beiden Staaten mit einander korrespondiren können, und die besagten Be- 
hörden sollen gehalten seyn, auf jede Requisition die Schritte, Nachsuchungen 
und Handlungen vorzunehmen oder vornehmen zu lassen, welche zu Feststellung 
des Verbrechens nothwendig sind; wenn aber die Verhaftung, welche ohne 
höhere Authorisation soll geschehen können, statt gefunden, so sollen die Befehle 
zur Auslieferung von den gegenseitigen Ministerien ertheilt werden, und in kei- 
nem Falle sollen die Unterbehörden zur Auslieferung schreiten können, ohne 
vorher diese Befehle eingeholt zu haben. 
Art. 5. In dem Fall, wo ein außerhalb beider Staaten begangenes 
Verbrechen zu einem Verfahren gegen den Angeschuldigten Anlaß gäbe, soll 
das Gouvernement, in dessen Staaten der Prozeß geführt wird, wenn der An- 
geschuldigte sein Unterthan ist, denselben, so wie oben gesagt ist, von den Au- 
toritäten des Landes, wohin er geflüchtet ist, reclamiren können. 
Art 6. In allen in den Artikeln 1. 2. 3. 4. und 5. berührten Fällen 
soll die Auslieferung nur in sofern begehrt werden können, als der Angeschul- 
digte oder Verurtheilte ein Unterthan des Staats, der ihn reclamirt, oder in 
Ansehung beider Staaten ein Fremder wäre. Ist er Unterthan des Staats, 
bei
	        
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