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nung vom 17ten v. M. den gewoͤhnlichen Kriminalgerichten uͤberlassen. Es
soll dabei das in der Allgemeinen Kriminalordnung vorgeschriebene Verfahren
beobachtet werden, jedoch unter folgenden Modifikationen:
1) Jeder, der sich eines Verbrechens der bezeichneten Art, nach seinem
Geständnisse oder nach den wider ihn sprechenden Verdachtsgründen,
schuldig gemacht hat, soll sofort zum Arrest gebracht, und daraus nicht
anders entlassen werden, als wenn seine Freisprechung mit Wahrschein-
lichkeit vorauszusehen ist.
2) Die Untersuchung muß, wenn sie nur gegen einen Angeschuldigten
geführt wird, längstens in acht Tagen, wenn aber deren mehrere
sind, längstens in vier Wochen beendiget sepn.
3) Hat solche länger gedauert, so muß der Ingquirent die Unmöglichkeit
der frühern Beendigung nachweisen.
4) Ist es wahrscheinlich, daß der Verbrecher zur Festung oder zum Zucht—
haus verurtheilt werden wird, so ist derselbe nach dem Schlusse der
Untersuchung sofort an die nächste Strafanstalt abzusenden.
5) Eine Vertheidigung soll zwar auf Verlangen des Angeschuldigten statt
finden, sie soll aber nicht schriftlich erfolgen, sondern der Vertheidiger
muß sich bei dem Inquirenten an dem bestimmten Tage einfinden, die
Akten einsehen, sich mit dem Angeschuldigten besprechen, und alsdann
die Vertheidigungsgründe zum Protokoll geben.
60) Das Erkenntniß wird jederzeit von dem Obergericht der Provinz und
zwar mit der moglichsten Beschleunigung abgefaßt.
7) Zum Rechtsmittel der weitern Vertheidigung kann der Verurtheilte nicht
verstattet werden, wenn auf nicht mehr als Zweijährige Einsperrung
erkannt und das Vergehen eingestanden worden.
8) In allen übrigen Fällen soll das Verfahren in zweiter Instanz dem in
der ersten gleich seynn. Es muß aber das Rechtsmittel sofort nach Pu-
blikation des Erkenntnisses eingewendet, und wenn keine neue zu erör-
ternde Thatsachen angeführt werden, deren Ausmittelung, sobald sie er-
heblich sind, zulässig bleibt, die Vertheidigung von dem Defensor den Tag
darauf zum Protokoll gegeben werden. Jedoch kann dem letzteren auf sein
Verlangen eine nicht über drei Tage zu verlängernde Frist zur Einrei-
chung einer schriftlichen Vertheidigung bewilliget werden.
9) Der Bestätigung des Erkenutnisses von Seiten des Justizministers be-
darf es nur alsdann, wenn auf Zehnjährige oder längere Gefangen-
schaft