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(No. 257.) Allerhöchste Kabinetsorder vom 13ten Dezember 1814., betreffend die
Verpflichtungen der Agnaten gegen die weibliche Descendenz eines
Mannlehns-Besitzers, dessen männliche Nachkommenschaft in dem letzten
Kriege vor dem Feinde geblieben ist.
Z. dem durch den Frieden vom 30sten Mai d. J. beendigten Kriege war die
ganze dienstfaͤhige Jugend des Koͤnigreichs vom 17ten bis zum 2asten Jahre
aufgerufen; Vater und Sohn hatten also keine Wahl, wenn der Sohn in
diesem Alter stand; es galt keine Rücksicht auf Lehns-Succession oder andere
Familienumstände. Diejenigen Agnaten, welche nach dem Tode des Vaters
zur Lehns-Succession gelangen, weil die männliche Nachkommenschafe des
Vaters aus dem letzten Kriege nicht wieder zurückgekehrt ist, würden aller
Wahrscheinlichkett nach, niemals dazu gekommen sepn, wenn es dem Vater,
wie sonst, freigestanden hätte, seinen herangewachsenen Sohn, oder auch nur
einen von mehreren, zurückzubehalten: und da die Töchter des jetzigen Lehns-
besitzers mit dem Tode ihrer Brüder im Kriege auch die Aussicht auf brüderliche
Unterstützung verlieren, weil das Lehn nach des Vaters Tode entfernten Verwand-
ten zufällt; so ist es billig, daß die succedirenden Agnaten den Nachtheil, den
die Töchter des jetzigen Lehnsbesitzers erleiden, mit dem Vortheil ausgleichen,
den ihnen der letzte Krieg ganz unerwartet zugeführt hat. Dem zufolge setze
Ich auf Ihren gemeinschaftlichen Bericht vom 22sten October c. hierdurch fest:
daß die weibliche Descendenz eines Mannlehns-Besitzers, dessen männ-
liche Nachkommenschaft in dem letzten Kriege vor dem Feinde geblieben
oder an den im Gefecht empfangenen Wunden gestorben ist, von den in
das Lehn succedirenden Agnaten noch einmal so viel aus dem Lehn er-
halten soll, als sie, nach dem Ableben ihres Vaters würde empfangen
haben, wenn dessen männliche Descendenz zur Succession gelangt wäre.
Hiernach werden Sie das Erforderliche verfügen und den Domherrn
von Britzke, so wie den Carl Wilhelm Ferdinand von Britzke,
auf die anliegenden Gesuche bescheiden.
Wien, den 13t6en Dezember 1814.
Friedrich Wilhelm.
An
die Staatsminister von Kircheisen und von Schuckmann.
zu Berlin.