Metadata: Militär-Rechtliche und Militär-Ethische Abhandlungen.

Der Geist des Heeres und der Idealismus. 173 
des philosophischen Denkens haben seit den ältesten Zeiten bis auf 
unsere Tage ihre Vertreter gehabt. 
Die griechischen Atomistiker, welche die Ewigkeit des Stoffes pre- 
digten, waren strenge Materialisten. Namentlich war Demokrit, wegen 
seiner heiteren Lebensauffassung der „lachende Philosoph“ genannt, 
welcher den Grundsatz aufstellte: „Aus nichts wird nichts, alle Ver- 
änderung ist nur Verbindung von Theilen“, — ein geistreicher Vertreter 
des Materialismus.!) Auch der Stoicismus, die Philosophie der Römer, 
welcher den Stoff von einer Kraft, die die Gottheit ist, durchdrungen 
ansalı, somit einen pantheistischen Charakter hatte, neigte sich trotz 
der strengen Sittenlehre, die er aufstellte. dem Materialismus zu. Auf 
diesem beruhte auch die Lehre Epikurs, welcher nur die Lust für ein 
Gut, den Schmerz hingegen für ein Übel erklärte, und die Tugend 
nur der Lust halber zu erwählen anrieth (weshalb auch heute noch 
Epikureer diejenigen genannt werden, welche die Lust als das höchste 
Gut ansehen). Hingegen waren Sokrates und sein großer Schüler Plato, 
welche den dem Menschen angeborenen Ideen allein ewige Existenz 
zuschrieben, während die Erscheinungen wesenlos dahinfließen, die Ver- 
treter der idealistischen Geistesrichtung unter den griechischen Welt- 
weisen. 
Auch die Philosophen der Gegenwart sind in zwei Lager ge- 
schieden. Der Franzose Descartes, von welchem bekanntlich der Satz: 
„Cogito, ergo sum“ („Ich denke, darum bin ich“) herrührt, ist der Be- 
gründer der idealistischen Philosophie der Neuzeit. Kant, welcher außer 
Plato der größte Philosoph des Occidents ist, stellte den kritischen oder 
transcendentalen Idealismus auf, indem er lehrte, dass der Mensch die 
Dinge der Außenwelt nicht wie sie thatsächlich sind, sondern nur ver- 
möge der in ihm liegenden Grundvorstellungen (von Zeit, Raum und 
den Verstandeskategorien) wie sie ihm scheinen, erkenne. Der praktische 
Verstand jedoch, welcher einer geistigen Welt angehört, ist frei und 
setzt sich selbst sein Sittengesetz. Auch Fichte und Schopenhauer waren 
Idealisten. Dagegen sind Locke, Hume, Condillac, Überweg und David 
Friedrich Strauß Vertreter der materialistischen Lebensauffassung. 
Neben dem theoretischen Materialismus, welcher ein großes philo- 
sophisches System ist, geht der praktische Materialismus, eine Lebens- 
auffassung des gewöhnlichen Mannes, einher. Der praktische Materia- 
lismus ist nur auf den materiellen Erwerb und irdischen Genuss bedacht, 
woraus eine unausgesetzte Jagd nach irdischen Gütern entsteht. Nicht 
in einem geistigen Wohlbefinden der Person, sondern in dem Besitze 
von möglichst vielen Gütern, welche nur wieder zum Erwerb benützt 
  
1!) Lange, „Geschichte des Materialismus", 1887, S. 9.
	        
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