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(No. 278.) An die Einwohner des Großherzogthums Posen. Vom 15ten Mai 1815.
Einwohner des Großherzogthums Posen!
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Indem Ich durch Mein Besitznahme-Patent vom heutigen Tage denjenigen
Theil der ursprünglich zu Preußen gehörigen an Meine Staaten zurückgefalle-
nen Districte des bisherigen Herzogthums Warschau in ihre uralten Verhält-
nisse zurückgeführt habe, bin Ich bedacht gewesen, auch Eure Verhältnisse fest-
zusetzen; auch Ihr habt ein Vaterland, und mit ihm einen Beweis Meiner
Achtung für Eure Anhänglichkeit an dasselbe erhalten. Ihr werdet Meiner
Monarchie einverleibt, ohne Eure Nationalität verläugnen zu dürfen. Ihr
werdet an der Constitution Theil nehmen, welche Ich Meinen getreuen Unter-
thanen zu gewähren beabsichtige; und Ihr werdet wie die übrigen Provinzen
Meines Reichs eine provinzielle Verfassung erhalten. *
Eure Religion soll aufrecht erhalten und zu einer standesmäßigen Do-
tirung ihrer Diener gewürkt werden. Eure persönlichen Rechte und Euer Ei-
genthum kehren wieder unter den Schutz der Gesetze zurück, zu deren Bera-
thung Ihr künftig zugezogen werden sollt.
Eure Sprache soll neben der deutschen in allen öffentlichen Verhandlun-
gen gebraucht werden, und Jedem unter Cuch soll nach Maaßgabe seiner Fä-
higkeiten der Zutritt zu den offentlichen Aemtern des Großherzogthums, so wie
zu allen Aemtern, Ehren und Wurden Meines Reichs offen stehen.
Mein unter Euch geborner Statthalter wird bei Euch residiren. Er
wird Mich mit Euren Wünschen und Bedürfnissen, und Euch mit den Ab-
sichten Meiner Regierung bekannt machen.
Euer Mitbürger, Mein Oberpräsident, wird das Großherzogthum nach
den von Mir erhaltenen Anweisungen organisiren, und bis zur vollendeten
Organisation in allen Zweigen verwalten. Er wird bei dieser Gelegenheit
von den sich unter Euch gebildeten Geschäftsmännern den Gebrauch machen,
zu dem sie ihre Kenntnisse und Euer Vertrauen eignen. Nach vollendeter Or-
ganisation werden die allgemein vorgeschriebenen Ressortverhältnisse eintreten.
Es ist Mein ernstlicher Wille, daß das Vergangene einer völligen Ver-
gessenheit ubergeben werde. Meine ausschließliche Sorgfalt gehört der Zu-
kunft. In ihr hoffe Ich die Mittel zu finden, das über seine Kraͤfte ange-
strengte tief erschöpfte Land, noch einmal auf den Weg zu seinem Wohlstande
zurückzuführen.
Wichtige Erfahrungen haben Cuch gereift. Ich hoffe auf Eure Aner-
kennkniß rechnen zu dürfen.
Gegeben zu Wien, den 15ten Mai 1815.
Friedrich Wilhelm.
G2 ([Jo. 279.)