226 Die Aerreichisczunsarische Monarchie. (Dezember 22. 27.)
wird von den Anhängern der Regierung mit lautem Beifall ausgenommen.
während die oppositionelle Tiszapartei sich schweigend verhält. Der Ministe:
beantragt die Einsetzung eines aus 48 Mitgliedern bestehenden Ausschusses.
dessen Wahl in einer der nächsten Sitzungen stattfinden wird.
Die wichtigsten Bestimmungen der Vorlage sind: Wähler ist derienig:
ung. Staatsbürger, welcher das 24. Lebensjahr vollendet hat und die Kennt-
nis des Lesens und Schreibens besitzt; sodann jeder Besitzer einer Tapfer-
keitsmedaille oder Inhaber des Karl-Truppen-Kreuzes ohne Rücksicht aui
sein Alter; sodann jeder, der eine Steuer von mindestens 10 Kr. zahtlt.
ferner wer seiner ordnungsgemäßen aktiven Militärdienstpflicht Genüge
geleistet oder während der Kriegsdauer, wenn auch mit Unterbrechungen.
mindestens zwei Jahre aktiven Militärdienst geleistet oder ohne Rücksicht
auf die Dienstzeit den Unteroffiziersrang erreicht hat, weiters, wer auf
Grund einer Gewerbelizenz ein Gewerbe ausübt oder in einem gewerbe-
oder landwirtschaftlichen Betriebe ständig angestellt ist, endlich sämtliche im
Wahlregister vom Jahre 1914 ausgenommenen Wähler, solange der Rechts-
grund ihrer Aufnahme besteht. Das Wahlrecht besitzen ferner alle Frauen,
welche das 24. Lebensjahr vollendet haben, die ung. Staatsbürgerschaft be-
sitzen und vier Bürgerschulklassen absolviert haben oder einen ähnlichen
Bildungsgrad nachweisen können, ferner jene Frauen, deren Gatte während des
Krieges gefallen oder den Kriegsstrapazen oder Kriegsverwundungen erlegen
ist, falls aus der Ehe ein Kind vorhanden ist, weiters alle Frauen, die seit zwei
Jahren Mitglieder eines wissenschaftlichen, literarischen oder künstlerischen
Vereines sind. Die Bedingungen des passiven Wahlrechtes werden für Frauen
und Manner übereinstimmend festgesetzt. Wählbar ist, wer zur Zeit der Wahl
das Wahlrecht besitzt und gegen den keiner der in der Vorlage vorgesehenen
Ausschließungsgründe, wie Kuratel 2c., vorliegt, wenn er das 24. Lebensjahr
vollendet hat und der ung. Sprache in Wort und Schrift mächtig ist.
22. Dez. Kaiser Karl ernennt den Minister Dr. Mataja
zum Minister für soziale Fürsorge.
22. Dez. Beginn der Friedensverhandlungen in Brest-Litowsk.
Näheres s. in dem besonderen Abschnitt am Schluß des Kalendariums.
27. Dez. Quote für die gemeins. Leistungen.
Kaiser Karl richtet ein Handschreiben an den Ministerpräsidenten
Dr. Ritter v. Seidler, in dem er, da zwischen den beiderseitigen Parla-
menten ein Uebereinkommen nicht erzielt werden konnte, bestimmt, daß zur
Bestreitung des Aufwandes für die gemeinsamen Angelegenheiten vom
1. Januar bis zum 31. Dez. 1918 Oesterreich 63,6 v. H., Ungarn 36,4 v.
H. beizutragen habe.
Während die ung. Quotendeputation eine Verlängerung des derzeitigen
Quotenverhältnisses für die ganze zweijährige Dauer des Ausgleichsprovi-
soriums vorschlug, hat sich die österr. Quotendeputation, vornehmlich aus
wirtschaftlichen Gründen, nur für eine einjährige Dauer entschieden.
27. Dez. (Laibach.) Gründung der slowenischen Volkspartei.
Sie hat sich als Hauptaufgabe die rücksichtslose Verfolgung der süd-
slawischen Deklarationspolitik zur Erreichung eines selbständigen südflawischen
Staates gestellt. In einer Entschließung wird betont, daß die Deklaration
vom 30. Mai (s. S. 83) durchaus nicht als Maximalprogramm der Partei
aufzufassen sei. Die Partei wird von Fürstbischof Dr. Jeglic (Laibach) mit
allen Mitteln unterstützt.