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(No. 1154.) Allerhoͤchste Kabinetsorder vom JOsten Juni d. J., über das Verfahren bei
Kompetenz-Konflikten zwischen den Gerichten und den Verwaltungsbehörden.
Ul die Kompetenz-Konflikte zwischen den Gerichten und den Verwaltungs-
Behbrden durch ein gesetzlich bestimmtes Verfahren gleichförmig zu beseitigen,
setze Ich, auf den Bericht des Staatsministeriums vom 12ten d. M., hiedurch
fest: daß jeder einzelne Fall eines Konflikts, der nicht durch eine Vereinigung
zwischen dem Minister der Justiz und dem Minister der betreffenden Verwaltung
zu erledigen ist, im gesammten Staatsministerium nach seinen faktischen und
rechtlichen Verhältnissen vollständig erörtert und gründlich geprüft werde. Wenn
hiedurch die Gewißheit erlangt ist, daß keine Momente übergangen sind, die ein
vichtiges Urtheil über die streitige Anwendung des Gesetzes auf den vorliegenden
Fall begründen, hat das Scaatsministerium in einem motivirten gutachtlichen
Bericht auf Meine unmittelbare Bestimmung anzutragen, auch, wenn nach der
Ansicht desselben der Kompetenzstreit aus einer zweifelhaften Fassung des Gesetzes
entsprungen und durch eine deklaratorische Entscheidung, mithin im Wege der
Gesetzgebung, zu berichtigen ist, den Entwurf der Deklaration zu Meiner weitern
Verfügung Mir einzureichen. In sofern nur über die Anwendbarkeit eines für
unzweifelhaft zu achtenden Gesetzes auf den einzelnen Fall zu urtheilen ist, mit-
hin keine gesetzgebende, sondern eine richterliche Funkrion eintritt, behalte Ich
Mir nach Verschiedenhrit der Fälle und mit Rücksicht auf die größere oder min-
dere Erheblichkeit des Gegenstandes vor, entweder unmittelbar, erforderlichen
Falls nach zuvörderst erstattetem Gutachten des Staatsraths, zu entscheiden,
oder die Entscheidung dem höchsten Gerichtshofe, mithin, nach Bewandniß des
Ressorts, entweder dem Geheimen Ober-Tribunal, oder dem Rheinischen Revi-
sionshofe, aufzutragen. Uebrigens muß, sobald der Fall eines Konflikts ein-
tritt, das Rechtsverfahren in der Sache selbst von Seiten der gerichtlichen
Beheörde suspendirt, und die Entscheidung des Kompetenz-Konflikts erwartet
werden.
Das Staatsministerium hat diese Beslimmungen zur öffenklichen Kenntniß
zu bringen und in Gemäßheit derselben sowohl in den bereits vorliegenden, als
in den sich künftig ereignenden Konfliktfallen zu verfahren.
Potsdam, den 30sten Juni 1828.
Friedrich Wilhelm.
An das Staatsminislerium,
(No. 1155.)