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Werke: „Preußen im Bundestage“.*) Larisch, der inzwischen herzoglich sachsen—
altenburgischer Minister geworden war, kam am 16. Februar 1855 in Frank-
furt a. M. an, um die altenburger Verfassungsfrage zu betreiben. Sein erster
Schritt und Besuch galt dem österreichischen Präsidialgesandten Freiherrn von
Prokesch, mit dem er sogleich verabredete, wie die Sache beim Bund behandelt
werden sollte. Bismarck fühlte sich dadurch verletzt, daß ein Landsmann und
so alter Bekannter von ihm, wie Larisch es war, sich mit seinem Anliegen
zuerst an das Präsidium, und nicht an den preußischen Gesandten gewendet
hatte. Auch in der orientalischen Frage wußte Bismarcks Kollege von der
Potsdamer Regierung für Preußen keinen andern Rat, als vollständigen An-
schluß an Oesterreich, und sprach sich in dem Sinne Bismarck gegenüber aus,
Oesterreich werde Altenburg an Sachsen schenken, wenn Altenburg nicht mit
Oesterreich stimme. Bismarck stellte dem Minister Freiherrn v. Manteuffel
anheim, die Autorität des Oheims zu benützen, „.um dem Herrn Neffen das
preußische Bewußtsein neu zu beleben. „Ich will ihm eben meinen Gegenbesuch
machen und das meinige auch zu jenem Zwecke thun."
Die Berufung Bismarcks in das Ministerium erfolgte hauptsächlich auf
Betreiben des Kriegsministers v. Roon. Im Jahre 1862, es wird im Mai
gewesen sein, kam Bismarck von Petersburg nach Berlin, und es handelte sich
jetzt darum, ihn dem Könige als Ministerkandidaten plausibel zu machen.
Vorher besprachen Roon und der Fürst von Hohenzollern den Wechsel
auch noch mit dem zufällig in Berlin anwesenden Minister v. Larisch. Letzterer
glaubte, daß Bismarck als auswärtiger Minister der geeignete Mann für den
Fall sei, daß der König zu bewegen sei, ein ernstes Wort, eventuell mit mili-
tärischem Nachdruck, mit Oesterreich zu sprechen. Das innere Ressort hätte
Larisch lieber anderen Händen anvertraut gesehen. Wenige Minuten nach dieser
Unterredung, die im Hause des Kriegsministers Roon stattfand, traf Larisch
mit Bismarck im Salon von Frau v. Roon zusammen.
Während des Frankfurter Fürstentages 1863 hielt v. Larisch dem König
von Preußen im Salonwagen zwischen Darmstadt und Aschaffenburg einen
Vortrag auf Veranlassung Bismarcks und in dessen Gegenwart.
Vor Ausbruch des Krieges von 1866 wurde Larisch von seinem Herzog
nach Berlin geschickt, um sich zu vergewissern, ob der Waffengang zwischen
Oesterreich und Preußen eine definitiv beschlossene Sache sei. Zuerst wurde
Larisch an Herrn v. Thile verwiesen, der demselben Aufschlüsse über Bismarcks
Politik gab. Nach zwei Stunden erfolgte der Empfang bei Bismarck. Larisch
erklärte dem Ministerpräsidenten, der Herzog habe gegen das ihm von Preußen
vorgeschlagene Bündnis Bedenken, weil der Bundestag dadurch an die Luft
gesetzt würde. Er, Larisch, habe dem Herzog den Anschluß an Preußen als
*) Band 1V, Seite 234.