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Wenn man Chlorkalk mit einer Saͤure uͤbergießt, so entwickelt sich
Chlorgas sehr rasch. Es kann dieses statt des obigen Verfahrens, Chlor-
Gas zu entwickeln, dienen, wenn es auf die etwas größeren Kosten dabei
nicht ankommt, da es weniger umständlich ist und nicht so große Vor-
sar nothwendig macht. 8 Loth Chlorkalk mit 16 bis 24 Loth Salz
dure übergossen, entwickeln so viel Chlorgas, daß ein Raum von 3000
Kubikfuß damit angefüllt werden kann. Um die zu rasche Entwickelung
des Gases zu vermeiden, thut man wohl, den Kalk nach und nach in die
Sture zu schütten.
4) Das gewöhnlich nur in ffüssiger Form gebräuchliche Chlornatron i#
nicht überall in den Apotheken zu haben. Man bereitet es, indem man
16 Theile trockenen Chlorkalk in 128 Theilen Brunnenwasser auflöst,
filtrirt, dann 17 Theile zerfallenes und zerriebenes kohlensaures Natron,
welches in allen Apotheken zu haben ist, hinzusetzt und hierauf wieder fll-
trirt. Diese Flüssigkeit wird mit 6 mal so viel und mehr Wasser ver-
dünnt und ist besonders zum Abwaschen der Hände, wenn eine Berüh-
rung mit angesteckten Personen oder Sachen vorgefallen ist, zu beruzen,
indem die Hände dadurch weniger spröde werden, als durch den Ge-
brauch der Chlorkalk-Solution.
5) Die Salpetersalzsäkure (das Königswasser) ist eine Mischung von
2 Theilen Salpetersäure (Scheidewasser) mit einem Theile Salzshre,
wie solche in den Apotheken zu haben sind. Sie wirkt hauptsächlich
durch das dabei emstehende Chlor. Diese Stxre ist sehr fressend und
atzend, und eben darum seltener anzuwenden. Doch ist sie besonders
brauchbar, um manche sehr ansteckende Stoffe zu zerstören, z. B. den
Geifer von tollen Hunden, die Jauche von Geschwüren an Leichnamen,
die obduzirt werden sollen, die Materie aus den Milzbrandbeulen des
Rindviehes, und dergleichen. Man übergießt dann den ansteckenden Stoff
reichlich mit dieser Saure, läßt sie damit einige Zeit in Berührung, er-
neuert auch wohl, der grötzeren Vorsicht wegen, das Begießen und wäscht
oder spült dann mit bloßem Wasser aus.
4. 6.
Die Salpetersaͤure ist ebenfalls ein sehr kraͤftiges desinfizirendes Mit-
kel. Man wendet sie zu diesem Zweck dampfförmig an, indem man auf gepul-
verten, jedoch nicht zu sehr ausgetrockneten reinen Salpeler (welcher am sicher-
sten aus Apotheken entnommen wird) so lange nach und nach konzentrirte Schwe-
selsäure tröpfelt, bis so viel Dampf entwickelt ist, als man für nöthig hält.
Die Emwickelung der Dämpfe geschieht langsam und ohne Peftigkeit, so
daß man sich nicht so sehr davor zu scheuen braucht, als vor der heftigen Ent-
wickelung des Chlorgases. Deöhalb ist es auch angemessen, das Gemenge von
get zu Zeit mittelst eines Glasstabes oder irdenen Pfeifenstiels umzurühren.
uch können die meisten Personen diese salperersauren Dämpfe besser ertragen,
als Chlorgas, und sse sind daher in den Räumen, wo Menschen sich immer
aufhalten, dieser Ursache wegen dem letzteren vorzuziehen. Da diese Dämpfe
jedoch auf metallische Gegenstände, wie das Chlorgas, nachtheilig einwirken, so
(No. 1078.2. u. v.) Ss2 m