Full text: Gesetz-Sammlung für die Königlich Preußischen Staaten. 1835. (26)

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ihr WE Hinsicht ähnlichen Rheumatismus ist die Giche vorzüglich burch folgende Eigenschaffen 
unterschiede 
1. Sie setzt eine besondere Körperbeschaffenheit voraus, die oft angeboren) ja angeerbt ist, 
aber auch durch eine gewisse kebensweise, namentlich eine im Verhältnisse zum Verkralsche, insbeson= 
dere der körperlichen Kräfte zu reichlichen Ernährung erworben werden kann. Sie kömmt daher 
häufiger in den höheren, als in den niederen Ständen, häufiger bei Vollsaftigern als bei Mageren, 
auch häufiger bei Rännern und zwar nach dem 40ten Jahre, als bei Frauen! — bei Kindern nur 
in Folge angeerbter Anlage, dann aber zuweilen in lehr bedenklichem Grade, vor. 
Der Rheumatismus setzt eine solche besondere Körperbeschaffenheit nicht voraus und befälkt, 
namentlich in Folge unterdrückter Hautthätigkeit, Erkältung (die den Ausbruch der Gicht zwar auch be- 
fördern, sie aber nicht ursprünglich erzeugen kann), Individuen Fedes Standes, Alters, Geschleches u. s. w. 
2. Der ächten Gicht gehen in der Regel, oft Jahre lang, merkliche Aeußerungen von Störung 
bes arce voran, was beim Rheumatismus nicht der Fall ist. 
. Die Gicht ist mit einer eigenthümlichen Veränderung in der Mischung der Säfte und den 
Absonderungen verbunden, die bei Personen, welche schon oft und lange an Gichtzufällen gelitten ha- 
ben, zulehzt auch eigenthümliche kalkartige Ablagerungen in der Nähe der Gelenke, wie sie beim Nheu- 
matismus nicht bemerkt werden, erzeugk. 
6. 86. Die Gicht gehört zwar, namentlich wenn sie gehörig verläuft, nicht zu den gefährlichen 
Krankheiten, im Gegentheile ist sie für den damit Behafteten oft ein wohlthätiges Mittel) dessen sich 
bie Natur zur Ausgleichung anderer Mißverhältnisse des Körpers bedient. Doch ist sie ein langwieri- 
ges, lästiges, dabei schwer heilbares und oft sehr schmerzhaftes Uebel, welches besonders eine sorgfäl- 
tige Pflege und Vermeidung vieler Schädlichkeiten, namentlich der Erkältung 2c. erheischt, wenn es 
nicht etwa in seiner Entwickelung gestört werden oder auf innere Theile, oder die Augen 2c. zurück- 
treten und daselbst bedrohliche Zufälle erregen soll. Ansteckend ist die Gicht, wie die Schwindsucht, 
nur bedingt und zwar in sofern zu nennen, als durch den Gebrauch von Wasche, Betten und Klei- 
dungsstücken, namentlich auch der Fußbekleizung (Strümpfe, Socken) Stiefeln)) welche von den 
Schweisen der Gichetkranken durchdrungen sind, erfahrungsgemäß allerdings eine Uebertragung des 
Krankheitskoffs, selbst auf ursprünglich nicht zur Gicht disponirte Indivièuen, bewirkt werden kann. 
87. Die in Bezug auf die Gicht zu beobachtenden Vorsichtsmaaßregeln werden sich 
bemnach haupesichlich auf eine, den vorerwähnten Verhältnissen entsprechende Regulirung der Lebens- 
weise und eine Vermeidung jeder Gelegenbeit= wodurch nach §. 86. eine Uebertragung des Krankheit- 
stoffs veranlaßt werden könnte, beschränken. 
16. Die Tollkrankheit (HunbdswuthHy).) 
S. 88. Die Tollkrankheit, Hundswuth, auch Tollheit, Wuthkrankheit, Toll- 
wuth, Wuth-, Beißsucht, Wasserscheu genannt) ist diesenige eigenthümliche, in der Regel tödt= 
liche Krankheit, wiche sich bei Thieren meist durch eine große Neigung zu beißen, bei Menschen aber 
besonders durch einen unbezwinglichen Abscheu vor Fluͤssigkeiten (Wasserscheu) charakterisirt. 
Sie entwickelt sich von selbst nur bei fleischfresfenden Thieren, namentlich: Hunden, 
Füchsen, Wölfen und Katzen, bei ersteren am häufigsten, und zwar hat die Erfahrung von den, auf 
diese Selbstentwickelung der Krankheit influirenden (zum Theil noch nicht genügend bekannten) Um- 
ständen bis jetzt solgende, als besonders beachtungswerth, nachgewiesen: 
1. eine besondere Anlage, welche den genannten Thieren von Natur inwohnt, die sich aber 
bei Hunden und namentlich sehr zornigen, hitzigen und beißigen, am stärksten entwickelt findet; 
2. eine eigenthü liche Witterungsbeschaffenheit, die übrigens nicht für alle Fälle genau zu be- 
zeichnen ist, sich aber zuweilen durch eine lange anhaltende große Nasse und Wärme bemerkbar gemache hat; 
3. übermäßige Litze und Kälte, besonders auch schneller Wechsel einer sehr hohen und sehr 
niedrigen Temperatur; 
4. einen sehr aufgeregten und babei unbefriedigt gebliebenen Geschlechtstrieb; 4. def 
. Def: 
*) Aumerkung. Bei der Schilderung dieser und der nechsifelgenden Thier kranlheiten, welche auf dem 
Wege der Ansieckung dem Menschen gefahrlich werden, ist eine gröfere Ausführlichkeit um des- 
willen bcobachtet worden, weil in Betreff dieses Gegenstandes eine genaue Bekanntschaft einerseite 
nur in geringerem Grade als bei den anfteckenden Menschenkrankheiten, (elbst bei einem Kheile 
der Acrzte, vorausgesent werden darf und andererseits doch von so doher Wicktigkeit iK. 
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1835.
	        
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