— 562 —
1. Ueberhaupt ist das Bewußtseln und die Sinnesthäeigkeit solcher Hunde gestzrt und un-
terbrücke, wiewohl immer nur prriodisch und bei den einzelnen Thieren in sehr verschiedenem Grade.
Manche sind zu Anfange und selbst während des größten Theils der Krankheit noch ziemlich munter,
andere baßenen liegen viel mit geschlossenen Augen und hören auf den Juruf nur wenig; zuweilen
scheinen diese wie aus dem Schlafe zu erwachen, sehen sich Kier und langsam nach allen Seiten um
tind laufen dann ohne bestimmten Jweck umher; werden sie geschlagen, so schreien sie wenig oder gar
micht. Alle tollen Hunde aber erkennen die Stimme ihres Herrn und bemöhen sich, derselben zu 7'5
gen, so daß sie selbst ihren Dienst, z. B. bei der Jagd beim Viehtreiben, oder erlernte Kunststücke
und bergleichen noch häufig einige Jeit hindurch verrichten, wobel sie indessen abwechselnd immer
Wwieder in Abstumpfung verfallen. Letzeere nimmt, der Stärke und Dauer nach, gegen das Ende der
Krankheit immer mehr zu.
15. Was endlich das außere Ansehen ber tollen Hunde bekriffe, so ist dieses in der allerersten
Jeit der Krankheit nur sehr wenig verändert. Das Weiße im Auge erscheint bei einzelnen etwas
Kärker geröthet, bei anderen bagegen nicht. Eben so ist bei einzelnen während einiger Zeit das Auge
glänzender und der Blick etwas feuriger, als im gesunden Zustande; bei vielen aber wird, besonders
in der letzten Zeit der Krankheit, das Auge matt und trübe. — Vom 2ten, 3ten Tage an werden die
Augenlieder sehr häufig während einiger Sekunden geschlossen, und abwechselnd wieder geöffnet, wo-
durch die Hunde ein schläfriges Ansehen erhalten. — Bei manchen zieht sich die Haut an der Stirn
faltig zusammen oder sie schwillt hier und an den Augenliedern etwas an, wodurch der Ausdruck des
Gesichts sehr finster und mürrisch wird. — An den Ohren bemerke man keine bestimmte Verände-
rung: manche Hunde richten sie mehr in die Höhe, andere lassen sie mehr hängen, als im gesunden
Zustanke. — Bei den meisten wird das Haar am ganzen Körper sehr struppig und alle magern in
kurzer Zeit bedeutend ab. — Den Schwanz tragen die tollen Hunde, so lange sie noch etwas bei
Kräften sind und wenn sie nicht etwa verfolgt werden, ganz so, wie sonst, und keiner zieht denselben
auf eine besondere Weise unter den Leib. — Eben so gehen dergleichen Hunde in der ersten Zeit der
Krankheit ganz, wie gesunde, je länger aber letztere dauert, desto schwächer werden sie, so daß sie
dann beim Gehen taumeln und von Jeit zu Jeit bald mit ken Vorder-, bald mit den Hintersüßen
zusammenknicken. Zuletzt werden sie völlig gelähmt, besonders im Hintertheile des Leibes (im Kreutze).
B. Die stille Wuth. Bei dieser Form der Krankheit lassen die Hunde im Wesentlichen,
mamentlich in den sub A. 1— 6., 10., 11., 14. und 15. erwähnten Beziehungen, die ndmlichen Erschei-
nungen wahrnehmen, wie bei der rasenden Wuth, jedoch mit folgendem Unterschiede:
1. Der Unterkiefer häugt hier gelähme herab, und das Maul steht daher beständig mehr oder
weniger offen.
2. In Folge dieses lähmungsartigen Zustankes können die still-kollen Hunde fast gar nichts,
selbst niches Flüssiges, genießen. Zwar greifen sie zuweilen mit einer gewissen Heftigkeit, gleichsam
stoßend, in das Futter, doch können sie mehrentheils nichts davon ins Maul bekommen, und wenn
dies auch einmal geschieht, so vermögen sie doch das Kauen und Hinunterschlingen nicht auß#zuführen,
behalten vlelmehr das Futter einige Zeit hindurch im Maule und lassen es dann aus demselben wie-
der herausfallen.
3. Solche Hunde speicheln und geifern fast wührend der ganzen Krankheit, besonders aber
in eer ersten Zeit, stark ausg dem Maule, weil sie den Speichel und Schleim nicht verschlucken kön-
nen. #e#tzterer scheint außerdem in der Rachenhäöhle sich anzuhäufen und dadurch das Athmen zu be-
hindern; wenigstens ist das Ausathmen der Hunde sehr oft mit cinem eigenthumlichen schnarchenden
oder rduspernden Geräusch verbunden.
4. Die Zunge hängt diesen Hunden etwas aus dem Maule heraus, wenigstens so weit, daß
dle Spitze zwischen den Zähnen hervorsteht. Zuweilen ist sie an ihrer Oberfliche stark geröthet oder
selöst bläulich gefärbt.
5. Die meisten still-tollen Hunde sind weit ruhiger und weit weniger zum Beißen geneigt,
als die rasend-kollen; dennoch tritt auch bei ihnen die Beißsucht zuweilen ein, und wenn sie durch
irgend eine Veranlassung sehr gereizt werden, so verschwindet in einzelnen Momenten der lähmungs-
artige Zustand der Kicfermuskeln und sie können dann wirklich beißen und verletzen.
In beiden Formen der Krankheit find die angeführten Zufälle sich nicht in allen Fällen gam
leich, vielmehr in ihrer Stärke und Dauer, so wie in ihrem Aufeinanderfolgen) sehr verschieden nach
Versthiedenpe) der Nage, des Temperaments, des Alters, überhaupt der Leibesbeschaffenheit der Hunde,
von