Vollllehung
der Verhand-
lungen.
Artikulirtes
Berhör.
Defeufion.
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G. 8.
Die vor dem Kollegium selbst ausgenommenen Verhandlungen werden,
nachdem sie vorgelesen, erforderlichenfalls ergänzt und genehmigt worden sind,
von allen anwesenden Mitgliedern des Gerichts und von dem Protokollführer
vollzogen. .
Alle von einer einzelnen Gerichtsperson aufgenommenen Protokolle vollzieht
diese mit dem Protokollfuͤhrer.
Einer Unterschrift von Seiten der vernommenen Personen bedarf es nicht.
6. 9.
Die Abhaltung eines artikulirten Verhörs ist nur dann erforderlich, wenn
das Gericht der Ansicht ist, daß die Strafe ohne Rücksicht auf etwaige Ehren-
strafen härter als auf eine dreifährige Freiheitsstrafe ausfallen werde. Erwartet
den PVerbrecher mindestens eine zehnjährige Freiheitsstrafe, so sind die Artikel
vorher von einem der Mitglieder zu entwerfen und vom Dirigenten zu prüfen,
auch im Konzept zu den Akten zu bringen. Bei dem Gerhbre selbst können
und müssen diese vorher entworfenen Artikel durch Zusatzartikel ergänzt werden
wenn dies nach dem Gange der Verhandlung nsthig wird.
In den Fällen, in welchen ein artikulirtes Verhör nicht erforderlich ist,
muß jedenfalls vor dem Schlusse der Untersuchung dem Angeschuldigten der
Hauptinhalt der wesentlichsten erhandlungen noch einmal vorgehalten, und er
darüber vernommen werden, ob und was er bei der Sache zu erinnern oder
noch anzuführen habe. 1 -
Ist in den dazu geeigneten Faͤllen das artikulirte Verhoͤr gar nicht, oder
doch nicht auf die gehoͤrige Art abgehalten worden, so soll deshalb die Entschei-
dung der Sache nicht aufgehalten werden, wenn der Angeschuldigte ein glaub-
haftes Bekenntniß abgelegk hat; doch soll ein Mangel dieser Art im Wege der
Disziplin gerügt werden. « , «
Soll auf lebenswierige Freiheiksstrafe oder auf Todesstrafe erkannt wer-
den, so ist das artikulirte Verhör unbedingt nothwendig.
KG. 10. · ·.
Zur Uebernahme einer Defension in den Fällen, in welchen diese über-
haupt nöthig ist, sind sämmtliche in der Provinz immatrikulirte Advokaten ver-
pflichtet. Auch Auskultatoren und Referendarien müssen sich der ihnen übertra-
genen Defension der Angeschuldigten unterziehen. »
Unerlaͤßlich ist die Defension nur in den Faͤllen, wo die zu erkennende
Strafe eine zehnjaͤhrige Freiheitsstrafe erreicht oder uͤbersteigt.
Betrifft die Untersuchung Diebstahl, Raub, Betrug und aͤhnliche Ver-
brechen, so bedarf es, sofern nicht auf eine mindestens zehnjährige Freiheitsstrafe
zu erkennen ist, keiner Erklärung des Angeschuldigten darüber, ob er eine beson-
dere Vertheidigung verlange, es ist derselbe vielmehr mit seinen Vertheidigungs=
und Entschuldigungsgründen im Schlußverhöre zum Protokoll zu vernehmen.
Bei den Unterredungen zwischen einem verhafteten Angeschuldigten und
seinem Vertheidiger muß der Kreisgerichts-Sekretair oder ein zu Kriminalsachen
vereideter Protokollführer, welcher darüber eine Verhandlung aufzunehmen har,
gegenwärtig seyn.
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