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é. 1. Es soll in Zukunft kein Vagabunde oder Verbrecher in das Gebiet
des andern der beiden kontrahirenden Theile ausgewiesen werden, wenn
derselbe nicht entweder ein Angehöriger dessenigen Staatrs ist, welchem er zu-
gewiesen wird, und in demselben sein Heimwesen zu suchen hat, oder doch
durch das Gebiet desselben als ein Angehbriger eines in gerader Richtung rück-
wärts liegenden Staaks, nothwendig seinen Weg nehmen muß.
2. Als Staatsangehörige, deren Uebernahme gegenseitig nicht versagt
werden darf, sind anzusehen:
a) alle diejenigen, deren Vater, oder wenn sie außer der Ehe erzeugt
wurden, deren Mutter zur Zeit ihrer Geburt in der Eigenschaft
eines Unterthans mit dem Staate in Verbindung gestanden hat,
oder, welche ausdrücklich zu Unterthanen ausgenommen worden
sind, ohne nachher wieder aus dem Unterthansverbande entlassen
wrde zu seyn, oder ein anderweitiges Heimathsrecht erworben
zu haben;
diejenigen, welche von heimathlosen Eltern zufallig innerhalb des
Staatsgebiets geboren sind, so lange sie nicht in einem anderen
Staate das Unterthanenrecht, nach dessen Verfassung, erworben,
oder sich daselbst mit Anlegung einer Wirthschaft verheirathet,
oder darin, unter Zulassung der Obrigkeit, zehn Jahre lang ge-
wohnt haben;
diesenigen, welche zwar weder in dem Staatsgebiete geboren sind,
noch das Unterthanenrecht nach dessen Verfassung erworben haben,
hingegen nach Aufgebung ihrer vorherigen staatsbürgerlichen Ver-
hältnisse, oder überhaupt als heimathlos, dadurch in nähere Ver-
bindung mit dem Staate getreten sind, daß sie sich daselbst unter
Anlegung einer Wirthschaft verheirathet haben, oder, daß ihnen
während eines Zeitraums von zehn Jahren stillschweigend gestat-
tet worden ist, darin ihren Wohnsitz zu haben.
6é. 3. Wenn ein Landstreicher ergriffen wird, welcher in dem einen Staate
zufällig geboren ist, in einem andern aber das Unterthanenrecht ausdrücklich er-
worben, oder mit Anlegung einer Wirthschaft sich verheirathet, oder durch zehn-
sd4hrigen Aufenthalt sich einheimisch gemacht hat, so ist der letztere Staat vor-
zugsweise, ihn aufzunehmen verbunden. Trifft das ausdrücklich erworbene Un-
kerthanenrecht in dem einen Staate, mit der Verheirathung oder zehnjährigen
Wohmung in einem andern Staate zusammen, so ist das erstere Verhaͤltniß
entscheidend. Ist ein Heimathloser in dem einen Staate in die Ehe getreten,
in einem andern aber nach seiner Verheirakhung, während des bestimmten Zeit-
raums von zehn Jahren geduldet worden, so muß er in dem letztern beibehal-
ten werden.
(. 4. Sind bei einem Vagabunden oder auszuweisenden Verbrecher keine
der in den vorstehenden Paragraphen enthaltenen Bestimmungen anwendbar,
so muß derjenige Staak, in welchem er sich befindet, ihn vorldufig beibehalten.
/. 5. Verheirathete Personen weiblichen Geschlechts sind demsenigen Staare#
zuzuweisen, welchem ihr Ehemann, vermöge eines der angeführten Jerhaltrise
zugehoͤrt. Wittwen sind nach eben denselben Grundsaͤtzen zu behandeln, es
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