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. 10.
Unabhaͤngig von der Cenereruo soll ein Ober-Censurgericht, aus
cinem Präsidentken und mindestens acht Mitgliedern bestehend, eingesetzt werden.
Zwei der letzteren sollen aus den Mitgliedern der Akademie der Wissenschaften
und der Universität zu Berlin, die übrigen aus Personen, welche zum höheren
Richteramt qualifizirt sind, erwählt werden. Der Präsident und die Mitglieder
werden auf den Vorschlag des Staatsministeriums von Uns ernannt; die Er-
nennung der Mitglieder erfolgt auf drei Jahre, doch können dieselben nach Ab-
lauf dieser Frist aufs Neue ernannt werden; einen Wechsel in der Person des
Präsidenten eintreten zu lassen, behalten Wir Unserer Entschließung vor, wie
Wir auch in jedem Falle bestimmen werden, welches Mitglied in Krankheits-
oder Behinderungsfällen des Präsidenten dessen Funktionen übernehmen soll. —
Das Ober-Censurgericht steht unter der Oberaufsicht des Justizministers.
G. 11.
Zur Kompetenz des Ober-Censurgerichts gehört:
1) die Entscheidung über Beschwerden, welche gegen die Seitens der Cen-
soren oder Ober-Präsidenten crfolgte Versagung der Druckerlaubniß
geführt werden;
2) der Ausspruch von Debit-Verboten gegen solche Schriften, welche nicht
schon gesetzlich für verboren zu erachten sind; ausgenommen hiervon
leibt jedoch die Verfügung von Verboten gegen auswärtige politische
Zeitungen (#. 8.);
3) die Ertheilung oder Entziehung der Debits-Erlaubniß für Schriften,
welche außerhalb der Staaten des Deutschen Bundes in Deurscher,
oder außerhalb Unserer Staaten in Bolnischer Sprache gedruckt sind,
sedoch ebenfalls mit Ausnahme politischer Zeitungen (#. 8.);
4) die Entscheidung über den Verlust von Privilegien oder Konzessionen
zu Zeitungen oder anderen Zeitschriften (Art. XVII. des Edikts vom
18. Oktober 1819.) so wie über die Zurücknahme der dem Redakteur
einer privilegirten Zeitung ertheilten Bestätigung, #mgleichen über die
Entfernung des Redakteurs einer konzessionirten Zeitung;
5) die Entscheidung über den Verlust des Fechts zum Gewerbe des
Buchhandels oder der Buchdruckerei in denjenigen Fällen, in welchen
dieses Recht durch Uebertretung der Censurgesetze verwirkt wird;
6) das Verbot des Debits sämmtlicher Verlags= und Kommissions-Ar-
nikel einer ausländischen Buchhandlung, welche, der ausdrücklichen Ver-
warnung ungeachtet, sortfährt, verwerfliche Schriften im Inlande zu
verbreiten.
(4.( 12.
Bei dem Ober-Censurgericht soll ein rechtsverständiger Staats-Anwalt
bestellt werden. Derselbe wird von Uns zu diesem Amte ernannt, aus welchem
er auf den Antrag des Ministers des Innern zu jeder Zeit von Uns wieder
ent-