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K. 10. —
Der Oberpraͤsident uͤbersendet in den Faͤllen zu a. und h. die geschlossenen
Akten, welchen eine von einem Rechtsverstaͤndigen gefertigte Relation beizufuͤgen
ist, dem Vorsitzenden der Wahlversammlung. Dieser traͤgt der Versammlung,
in welcher der Angeschuldigte erscheinen und sich muͤndlich vertheidigen darf, bei
ihrem nächsten Zusammentreten den Fall vor, läßt die Relation verlesen und
veranlaßt nach vorgängiger, ohne Beisein des Angeklagten slartfindender Be-
rathung die Abstimmung über die Frage:
Ist dem Angeschuldigten das Anerkenntniß unverletzter Ehrenhaftigkeit
zu versagen?
Die Abstimmung erfolgt durch namentlichen Aufruf; zur Bejahung der Frage
ist Stimmenmehrheit erforderlich. Ueber die Berhandlung wird ein von allen
Anwesenden zu unterzeichnendes Protokoll aufgenommen, dessen Ausfertigung
unter Unterschrift des Vorsitzenden schleunigst, sowohl dem Oberpräsidenten als
auch dem Angeklagten, zuzufertigen ist.
. 11.
Gegen diese Entscheidung steht innerhalb vier Wochen nach erfolgter
Publikation der Rekurs sowohl dem Angeschuldigten, als der Versammlung zu,
welche die Anschuldigung beschlossen hat.
Die Rekireinssan wird gebildet aus den Provinzial-Landtagsmitgliedern
des Standes, dem der Angeschuldigte angehört. .
Werden in der Rekursinstanz neue Tharsachen von Erheblichkeit ange-
führt, so wird die Instruktion unter Leitung eines von Unserm Justizminilker
dazu bestimmten Ober-Gerichtsprasidenten einem Justizbeamten aufgetragen.
Die geschlossenen Akten werden hiernächst dem Provinzial-Landtagsmar=
schall zugestellt. Dieser ernennt beim nächsten Zusammentreten des Landtages
einen Referenten, welcher dem Stande des Angeklagten angehört. Sodann
beruft der Landtagsmarschall unter seinem Vorsitze diesen Stand als Ehren-
gericht zusammen, welches nach Anhbrung des Referenten über die im §F. 10.
formulirte Frage nach den daselbst angegebenen näheren Bestimmungen in letz-
ter Instanz entscheidet.
g. 12.
In den Fällen des §. 1. und des §F. 2 Nr. 1. bleibt die Wiederein=
setzung in die verlorenen ständischen Rechte nach Vorschrift des F. 11. des Ge-
setzes über die persönliche Fäahigkeit zur Ausübung der Standschaft 2c. vom
8. Mai 1837. Uns vorbehalten, in den Fällen des &. 2. Nr. 2. und F. 4.
aber werden Wir die Wiederzulassung zur Ausübung ständischer Rechte nur
auf den Antrag einer ständischen Versinemuung, zu welcher der Angeschuldigee
ehört hat, oder seinen Verhältnissen nach, gehören könnte, genehmigen. Ein
sncher Antrag darf nicht vor Ablauf von 5 Jahren und in den gällen des
2. Nr. 2. nicht vor Wiedererlangung des verlorenen Gemeinde= oder Bür-
gerrechts gemacht werden.
K. 13.
Die Suspension ständischer Rechte trifft diejenigen
(Nr. 2872—2873.) 1) gegen