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ust 1847. abgeschlossenen besonderen Uebereinkunft, welche von heute an gesetz-
iche Guͤltigkeit fuͤr das gesammte Gebiet Seiner Hoheit des aͤltestregierenden
Herzogs zu Anhalt erlangt.
Artikel 35.
Wenn ein Unterthan des einen Staates in dem Gebiete des anderen sich Volltreckung
eines Verbrechens oder Vergehens oder einer Uebertretung schuldig gemacht
hat und daselbst ergriffen und zur Untersuchung gezogen worden ist, so wird,
wenn der Angeschuldigte gegen juratorische Kaution oder Handgelöbniß entlassen
worden ist und sich in seinen Heimathsstaat zurückbegeben hat, von dem
ordentlichen Richter desselben das Erkenntniß des ausländischen Gerichtes, nach
vorgängiger Requisition und Mittheilung des Urtheils, sowohl an der Person
als an den in dem Staatsgebiete befindlichen Gütern des Verurtheilten vollzo-
gen, vorausgesetzt, daß die Handlung, wegen deren die Strafe erkannt worden
ist, auch nach den Gesetzen des requirirten Staates mit Strafe bedroht und
nicht zugleich blos gegen polizei= oder finanzgesetzliche Vorschriften gerichtet ist,
ingleichen unbeschadet des dem requirirten Staate zuständigen Strafverwand-
lungs= oder Begnadigungsrechtes. Ein Gleiches sider im Fall der Flucht
eines Angeschuldigten nach der Verurtheilung oder während der Strafverbü-
ßung statt.
Hat sich der Angeschuldigte aber vor der Verurtheilung der Untersuchung
durch die Flucht entzogen, so soll es dem untersuchenden Gerichte nur freistehen,
unter Mittheilung der Akten auf Fortsetzung der Untersuchung und Bestrafung
des Angeschuldigten, sowie auf Einbringung der aufgelaufenen Unkosten aus
dem Vermögen desselben anzutragen, und muß diesem Antrage, wiederum un-
ter der Voraussetzung, daß die Handiung, wegen deren die Untersuchung einge-
leitet war, auch nach den Gesetzen des requirirten Staares mit Strafe bedroht
und nicht zugleich blos gegen polizei= oder finanzgesetzliche Vorschriften gerich-
tet ist, von dem requirirken Staate entsprochen werden. In Fällen, wo der
Verurtheilte nicht vermögend ist, die Kosten der Strafvollstreckung zu tragen,
hat das requirirende Gericht solche, in Gemäßheit der Bestimmung des Arti-
kels 44., zu ersetzen.
Artikel 36.
Hat der Unterthan des einen Staates Strafgesetze des anderen Staates Bediugt zu
durch solche Handlungen verletzt, welche in dem Staate, dem er angehört, gar hteadn
nicht mit Strafe bedroht sind, z. B. durch Uebertretung eigenthümlicher Abga-
bengesetze, Polizeivorschriften und dergleichen, und welche demnach auch von
diesem Staate nicht bestraft werden können, so soll auf vorgängige Regquisttion
zwar nicht zwangsweise der Unterthan vor das Gericht des anderen Staates
gestellt, demselben aber sich selbst zu stellen verstattet werden, damit er sich ge-
gen die Anschuldigungen vertheidigen und gegen das in solchem Falle zulässige
Ronrumazialverfahren wahren könne.
(Nr. 3789.) 600 Doch