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Gesetz-Sammlung
für die
Königlichen Preußischen Staaten.
Nr. 21.
(Nr. 422.) Gesetz, betressend die Befugniß der Gläubiger zur Anfechtung der Rechtshand=
lungen zahlungsunfahiger Schuldner außerhalb des Konkurses, für die Lan-
destheile, in welchen das Allgemeine Landrecht und die Allgemeine Ge-
richts-Ordnung Gesetzeskraft haben. Vom 9. Mai 1855.
Wi Friedrich Wilhelm, von Gottes Gnaden, Koͤnig von
Preußen 2c. 2c.
verordnen für diejenigen Landestheile, in welchen das Allgemeine Landrecht und
die Allgemeine Gerichts-Ordnung Gesetzeskraft haben, unter Zustim#nung der
Kammern, was folgt:
K. 1.
Außer dem Falle des Konkurses steht jedem Gläubiger, dessen Forde-
rung vollstreckbar ist, die Befugniß zu, Rechtshandlungen seines Schuldners
im Wege der Klage oder Einwendung nach Maaßgabe der folgenden näheren
Bestimmungen als ungültig anzufechten.
F. 2.
Die Arfechtung ist nur zuldssig, wenn eine Vermögensunzulänglichkeit
des Schuldners anzunehmen ist. 63
Eine Vermögensunzulänglichkeit des Schuldners (F. 2.) isi anzunehmen:
1) wenn bei der von dem Gläubiger veranlaßten Auspfándung seine Ere-
kutionsgegenstände, oder nur solche Gegenstände vorgefunden worden sind,
deren Unzulänglichkeit sich klar ergiebt, oder welche von dritten Personen
in Anspruch genommen werden; sofern der Schuldner auf Befragen an-
derweite Gegenstände nicht sofort nachweist;
2) wenn der Schuldner sich auf flüchtigen Fuß gesetzt hat oder sich ver-
borgen halt, und deshalb die Vollstreckung der Exekution nicht stattfin-
den kann;
3) wenn innerhalb des letzten Jahres vor dem Tage, an welchem die auf
die Anfechtung gerichtete Klage oder Einwendung angebracht worden ist,
eine Exekution gegen die Person oder in das errinhen des Schuld-
ners fruchtlos gewesen ist. 4
Jahrgang 1855. (Nr. 4228.) 58 Ein
Ausgegeben zu Berlin den 106. Juni 1855.