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Es bleibt zwar im Allgemeinen einem jeden Vereinsstaate vorbehalten,
über die Ertheilung von Patenten oder Privilegien zur ausschließlichen Benutzung
neuer Erfindungen im Gebiete der Industrie, es möge von einem Privilegium
für eine inländische Erfindung (Erfindungspatent), oder von einem Privilegium
für die Uebertragung einer ausländischen Erfindung (Einführungspatent) sich
handeln, nach seinem Ermessen zu beschließen und die ihm geeignet gcessen
Vorschriften zu treffen; die sämmtlichen Vereinsstaaten verständigen sich jedoch,
um einestheils die aus dergleichen Privilegien hervorgehenden Beschränkungen der
Freiheit des Verkehrs unter den Vereinsstaaten möglichst zu beseitigen, anderen-
theils eine Gleichmäßigkeit in den wesentlichen Punkten zu erreichen, in Foche
des bei Eingehung der Zollvereinigungsverträge gemachten Vorbehalts allerseits
dahi die nachfolgenden Grundsätze über das Patentwesen zur Ausführung zu
ringen.
I. Es sollen Patente überall nur für solche Gegenstände ertheilt werden,
welche wirklich neu und eigenthümlich sind.
Die Ertheilung eines Patents darf mithin nicht stattfinden für Gegenstände,
welche vor dem Tage der Ertheilung des Patents innerhalb des Vereinsgebiets
schon ausgeführt, gangbar, oder auf irgend eine Weise bekannt waren; insbesindere
bleibt vicse be ausgeschlossen bei allen Gegenständen, die bereits in öffentlichen
Werken des In- oder Auslandes, sie mögen in der Deutschen oder in einer
fremden Sprache geschrieben sein, dergestalt durch Beschreibung oder Zeichnung
aeseelt sind, daß danach deren Ausführung durch jeden Sachpverständigen
erfolgen kann.
Die Beurtheilung der Neuheit und Eigenthümlichkeit des zu patentirenden
Gegenstandes bleibt dem Ermessen einer H6een Regierung ltelast
Für eine Sache, welche als eine Erfindung eines vereinsländischen Unter-
thans anerkannt und zu Gunsten des letzteren bereits in einem Vereinsstaate
batentirt worden ist, soll, außer jenem Erfinder selbst oder dessen Rechtsnachfolger,
iemandem ein Patent in einem anderen Vereinsstaate ertheilt werden.
II. Unter den im Artikel I. ausgedrückten Voraussetzungen kann auf die
Verbesserung eines schon bekannten oder eines bereits patentirten Gegenstandes
ein Patent geeichfalls ertheilt werden, sofern die angebrachte Aenderung etwas
Neues und Eigenthümliches ausmacht; es wird jedoch durch ein solches Patent
in dem Fall, wenn die Verbesserung einen bereits patentirten Gegenstand betrifft,
das für diesen letzteren ertheilte Patent nicht beeinträchtigt, vielmehr muß das
Recht zur Mitbenutzung des ursprünglich patentirten Gegenstandes besonders er-
worben werden.
III. Die Ertheilung eines Patents darf fortan niemals ein Recht be-
gründen:
a) die Einfuhr solcher Gegenstände, welche mit dem patentirten überein-
stimmen, oder
b) den Verkauf und Absat, derselben zu verbieten oder zu beschränken.
Ebensowenig darf dadurch dem Patentinhaber ein Recht beigelegt werden,
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