Full text: Gesetz-Sammlung für die Königlich Preußischen Staaten. 1875. (66)

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Sind Umstände eingetreten, welche die Bestellung des nach §. 17. Be- 
rufenen als nachtheilig für den Mündel erscheinen lassen, so kann das Vormund- 
schaftsgericht den Berufenen mit dessen Justimmung übergehen. Bei dessen 
Widerspruch ist die Entscheidung des Beschwerdegerichts einzuholen. 
K. 19. 
Kann die Vormundschaft keinem der nach §. 17. Berufenen übertragen 
werden, so hat das Vormundschaftsgericht nach Anhörung des Waisenraths 
(I. 52.) einen Vormund zu berufen und dabei geeignete Verwandte oder Ver- 
schwägerte des Mündels zunächst zu berücksichtigen. 
Bei der Auswahl des Vormundes ist auf das religiöse Bekenntniß des 
Mündels Rücksicht zu nehmen. 
Das Vormundschaftsgericht hat in der Regel für einen Mündel, sowie 
für mehrere Geschwister nur einen Vormund zu berufen. 
ien . 
Jeder Preuße, welcher nicht gesetzlich unfähig oder zur Ablehnung be- 
rechtigt ist, muß die Vormundschaft, zu welcher er berufen ist, übernehmen. 
Weigert sich der Berufene, so kann er von dem Vormunndschaftsgerichte 
durch Ordnungsstrafen bis zum Betrage von je dreihundert Mark zur Ueber- 
nahme der Vormundschaft angehalten werden. 
Mehrere Strafen sind nur in Zwischenräumen von mindestens einer Woche 
zu verhängen. Ist dreimal eine Strafe ohne Erfolg verhängt, so ist ein anderer 
Vormund zu bestellen. 
S. 21. 
Unfähig zur Führung einer Vormundschaft sind: 
1) Bevormundete oder Handlungsunfähige; 
2) wer das einundzwanzigste Lebensjahr noch nicht zurückgelegt hat; 
3) wer der bürgerlichen Ehrenrechte verlustig erklärt ist, nach Maß- 
gabe des Strafgesetzbuchs; 
4) Gemeinschuldner während der Dauer des Konkursverfahrens; 
5) wer offenkundig einen unsittlichen Lebenswandel führt; 
6) wer von dem Vater oder von der Mutter nach Maßgabe der in 
§. 17. für die Berufung eines Vormundes gegebenen Vorschriften 
ausgeschlossen worden ist; 
7) weibliche Personen. 
Nicht unfähig zur Führung einer Vormundschaft sind jedoch die Mutter 
über ihre ehelichen, unehelichen oder angenommenen Kinder und die Großmutter, 
sofern sie nicht bei etwaiger Trennung der Ehe für den schuldigen Theil erklärt 
sind, sowie diejenigen weiblichen Personen, welche nach 9F. 17. Nr. 2. und 4. 
berufen sind. 
Eine Frau, welche mit einem Andern, als dem Vater des Mündels ver- 
beirathet ist, darf nur mit Einwilligung des Ehemannes zum Vormund bestellt 
werden. 
(Xr. 8344) 22.
	        
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