202 8 20. Heilung von Erwerbamängeln.
ihn landesfürstliche Disziplinarbefugnisse geübt, ohne daß
irgend welcher Agnat gegen das eine oder das andere Ein-
spruch erhebt. Dann liegt stillschweigende Verleihung der
Ebenbürtigkeit, ein stillschweigender, Familienmitgliedschaft
begründender Akt der Hausautonomie vor uns.
2.Keine solch stillschweigende Ebenbürtigkeitsanerkennung
ist für sich allein in der von den Hausagnaten durch Unter-
lassen von Widerspruch stillschweigend gebslligten Verleihung
des Haustitels durch das Familienhaupt enthalten?)?).
Verleihung von Titel und Rang eines Staatsministers macht
noch nicht zum Staatsminister; ebensowenig Verleihung von
Titel und Rang eines Hausmitgliedes zum Hausmitglied. Es
fehlen die sonstigen Rechte und alle Pflichten des Hausmit-
gliedes.
a) Nicht folgt dies aus dem Satze: Eine Verleihung des
hohen Adels ist heute unmöglich. Dies will sagen: es kann
heute keine Familke zur regierenden und keine Familie zur
standesherrlichen erklärt werden. Regierend kann eine Familie
nur durch Erwerb einer Staatsherrschaft werden und der
Kreis der standesherrlichen Familien ist historisch abge-
schlossen (siehe u. a. Löning S. 56 und unten $ 24 II); mög-
lich ist im Wege der Verleihung lediglich eine Gleichstellung
mit regierenden oder standesherrlichen Häusern. Hier handelt
es sich nicht um Erhebung eines ganzen Geschlechtes, aller,
die schon Mitglieder eines Hauses sind, zum hohen Adel.
Diese ist in der Tat unmöglich. Hoher Adel ist historisch
gegeben oder wird nur durch Erwerb von Staatsgewalt neu
1) Anderer Ansicht Schulee a. a. O. 8. 1366; Schön 8. 62ff.; Störk,
Die agnatische Thronfolge S. 92. Wie hier, Bollmann 8. 73.
2) Festlicher Empfang, Huldigung und ähnliches sind als rechtlichen
Inhalts entbehrende Vorgänge nicht konkludent für stillechweigende Ver-
leihung; selbetverständlich auch nicht rechtlich relevante Handlungen, wie
Eintrag der Geburten in das Standearegister des fürstlichen Hauses, wenn
dies in der irrtümlichen Meinung geschieht, die Ehe sei schon eine eben-
bürtige. Dies gegenüber den Erklärungen des Staatsministers v. Heim in
der 77. Bitzung des Sachsen-Meiningenschen Landtags vom 4. März 1896
bezüglich der Ehe des Prinzen Friedrich von Sachsen-Meiningen. Hierzu
auch Störk, Die agnatische Thronfolge 8. 96.