Die Schweiz. (April 10 — Mai 4.) 451
also unter der speciellen Aufsicht des schweizerischen Bundesraths das
reconstruirte Unternehmen zu Ende führen.
Die Luzerner Conferenz hat für Ausführung des reducirten Bau-
programms 227,000,000 Fr. für nothwendig erachtet. Die Subventionen
betragen 113,000,000 Fr., so daß die Gesellschaft noch 114,000,000 zu be-
schaffen hat. Sie weist aber an Actienkapital 31,000,000 Fr. und an Obli-
gationen 80,000,000 Fr. nach.
10. April. (Genf.) Großer Nath: beschließt, trotz des Wider-
standes des Staatsraths, die Einführung des Referendums (Volks-
abstimmung über alle wichtigeren Gesetze und Beschlüsse des Großen
Nathes) in die Kantonsverfassung.
15. April. (Tessin.) Auf den Necurs mehrerer Gemeinden
des Kantons weist der Bundesrath die Regierung von Tessin an,
von der Vollziehung der vom Großen Rathe beschlossenen Wieder-
herstellung der Kapuzinerklöster abzusehen, bis die beiden eidgenössi-
schen Räthe die Frage würden entschieden haben.
16. April. In einem Proceß gegen den französischen Flücht-
ling Brousse, den Redacteur eines ultra-revolutionären Blattes
„L'Avantgarde“, erklären die Geschwornen (in Neuenburg) den An-
geklagten eines Vergehens gegen das Bölkerrecht wegen Vertheidigung
des Königsmordes für schuldig und auf Grund dieses Wahrspruches
verurtheilt der Gerichtshof den Herausgeber der „VAvantgarde“ zu
zwei Monat Gefängniß, zehnjähriger Ausweisung sowie Tragung
der Kosten und ordnet die Veröffentlichung des Urtheils im Bundes-
blatte an.
29. April. Der Bundesrath verfügt die Ausweisung zweier
revolutionärer Flüchtlinge, des Deutschen Gehlsen und des Italie-
ners Danesi.
Die Gründe der Ausweisung sind so ziemlich analog mit deuen, welche
das Neuenburger Gericht zu der fast durchgängig gebilligten Ausweisung des
r. Brousse, des Redacteurs der „Avant-Garde“, bestimmten. Dieselben be-
treffen den ehemaligen Redacteur der „Deutschen Reichsglocke", den bekannten
Heinrich Joachim Gehlsen von Tönning in Schleswig-Holstein, und den
Director der italienischen Druckerei in Genf, Alfonso Danesi von Bologna,
und werden in der begüglichen Mittheilung der Bundeskanzlei mit deren
„aggressiv publicistischen Thätigkeit motivirt, welche mit der völkerrechtlichen
Stellung der Schweig nicht vereinbar sei.“ Bezüglich Gehlsens hat derselbe
sich seine Answeisung hauptsächlich durch einen Artikel in der zu Zürich
erscheinenden socialdemokratischen „Tagwacht“ zugezogen, in welcher, ähnlich
wie seinerzeit von Dr. Brousse in der aufgehobenen „Avant-Garde“, dem
Königsmorde das Wort gesprochen wird.
4. Mai. (Bern.) Das Volk lehnt in allgemeiner Abstim-
mung das vom Großen Nath beschlossene 4jährige Budget, das mit
297