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Vei Vergleichung des älteren Rechts mit dem neueren gelten folgende Grundsähe:
1) es soll die in dem betreffenden Falle zu erkennende Strafe eines Theils ganz
nach den Bestimmungen des älteren Rechtes und andern Theils ganz nach
denen des neueren Rechtes erwogen werden, folglich keine Verbindung der
Grundsätze beider Gesetzgebungen eintreten;
2) das Verhältniß verschiedener Strafarten des alteren und des neueren Rechtes
ist nach den Vorschriften des gegenwärtigen Strafgesetzbuches zu beurtheilen;
3) im zweifelhasten Falle soll angenommen werden, daß die nach dem Strafgeset-
buch eintretende Strafe nicht härter ist, als die nach dem früheren Rechte.
Art. 5.
Die in dem vorigen Artikel aufgestellten Grundsäge hat auch der in der höheren
Instanz entscheidende Richter in dem Falle anzmvenden, wenn ein Straferkeuntniß vor
der Verkündigung des Strafgesetzbuches gefällt und dagegen ein überhaupt noch zulässiges
Rechtmittel eingewendet worden ist, über welches erst nachher entschieden wird.
Ist kein Rechtsmiltel mehr zulässig, so kann eine Abänderung des Straferkenntnisses
nach den gedachten Grundsäten nur auf dem Gnadenwege erwirkt werden, ausgenommen,
wenn das in Frage stehende Verbrechen überhaupt nicht mehr mit Strafe bedroht ist,
welchen Falles mit der Vollstreckung der erkannten ganz oder theilweise noch nicht ver-
büßten Strafen fofort Anstand zu nehmen und die Sache beizulegen, der Angeschuldigte
jedoch nichts destoweniger die Untersuchungskosten abzustatten schuldig ist.
Art. 6.
Bei Verbrechen, welche nach dem neuen Strafgesebuche nur auf Antrag eines Be-
theiligten zu verfolgen sind, ist:
1) wenn ein solcher Antrag nicht bereits in den bisher ergangenen Akten vorliegt,
zuvörderst der Betheiligte zu einer binnen dreißig Tagen abzugebenden Er-
klärung, ob er die Verfolgung der Sache beantrage, aufzufordern und, wenn
er die Verfolgung ablehnt oder sich nicht erklärt, das Strafverfahren, unter
Niederschlagung der bisher erwachsenen Kosten, einzustellen; beantragt er die
Verfolgung der Sache, so ist dieselbe ordnungsmäßig fortzustellen und nach
Maßgabe des Strafsgesetbuches abzuurtheilen;
2) wenn ein Antrag des Betheiligten sich bereits bei den Akten befindet, so ist
die Forkführung der Sache ohne Weiteres zu bewerkstelligen.
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