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unabhängig von einander, nebeneinander geordnet, und sie dürfen
sich nicht gegenseitig einmengen in ihren Bereich. Diese Grund-
sätze können zu Zeiten einer ein Staatswesen befallenden Schwäche
eine Trübung erfahren, aber sie bestehen zu Recht, und die Gren-
zen der Gewalten werden nicht dadurch verrückt oder aufgehoben,
daß irgendwo einmal das Gegenteil gesagt, zugelassen oder ge-
übt wird.
„Aber etwas anderes muß ich sagen: daß ich es bedauere,
daß das Oberlandesgericht überhaupt mit den Wahlprüfungen be-
faßt worden ist — durch das Reichsgesetz befaßt werden mußte,
da ein Verwaltungsgerichtshof in Elsaß-Lothringen nicht besteht.
Ich bedauere das, weil es den Aufgaben der Gerichte nicht ent-
spricht, wenn sie mit politischen Angelegenheiten befaßt werden,
die ihnen fremd zu bleiben haben, weil es den Interessen der
Rechtspflege nieht entspricht und ihnen nicht dient, wenn die
Gerichte und insbesondere der höchste Gerichtshof, die ihr hohes
Amt fern von allem politischen Lärm und Hader auszuüben be-
rufen sind, unvermeidlich in den Streit der Parteien gezogen und
zum Gegenstande der Befehdung durch politische Eiferer gemacht
werden. Es ist klar, meine Herren, in Zeiten, wo der Parteigeist
im Siedepunkt der politischen Leidenschaftlichkeit steht, wird er,
wenn er sich angetastet glaubt, werden die Massen, die durch die
Wahlagitation beeinflußt sind, den gerichtlichen Entscheidungen
auf diesem Gebiete verständnislos gegenüberstehen. Indem ich
das sage, möchte ich zwei Vorbehalte beifügen. Zunächst: Es
ist nicht bloß meine persönliche Meinung, die ich vortrage, es
ist die Meinung des ganzen Senats, der mit den Wahlprüfungen
befaßt worden ist, die er von Anfang an gehabt hat, es ist aber
auch darüber hinaus die Auffassung des gesamten Oberlandes-
gerichts, die von Anfang an bei ihm bestand. Nichts, was sich
nachher ereignet, hat zu dieser Auffassung des Gerichtshofs ge-
führt, sondern sie bestand, wie gesagt, von Anfang an. Ein
Zweites möchte ich hinzusetzen: ich bin ebenso der Meinung und