Metadata: Handbuch des Öffentlichen Rechts. Band III.1.3. Das Staatsrecht des Großherzogtums Baden. (3)

314 Sechster Abschnitt: Die Landesverwaltung. IV. Kapitel. 8 152. 
Die unbefugte Ausübung von Kirchenämtern, die unbefugte öffentliche Ausübung 
kirchlicher Funktionen, desgleichen die gesetzwidrige Uebertragung eines solchen Amtes oder 
solcher Funktionen ist strafbar!). 
Ueber die Mitwirkung der großherzoglichen Staatsregierung bei der Besetzung der- 
jenigen Behörden, welche das kirchliche Vermögen verwalten, s. u. 
5. Die Kirchen sind im Allgemeinen befugt, die nach Maßgabe ihrer Verfassung 
zur Erreichung ihrer Zwecke erforderlichen Einrichtungen zu treffen, selbstverständlich unter 
Beobachtungen der allgemeinen Bestimmungen der Gesetze. Es bestehen jedoch auch hier 
einzelne besondere Beschränkungen: 
a) Hinsichtlich der religiösen Orden: Ohne Genehmigung der Staatsregierung darf 
kein religiöser Orden eingeführt und keine einzelne Anstalt eines eingeführten Ordens 
errichtet werden. Diese Genehmigung ist widerruflich, und zwar schlechthin ?. 
Außerdem ist Mitgliedern eines religiösen Ordens oder einer ordensähnlichen reli- 
giösen Kongregation jede Lehrwirksamkeit an Lehr= und Erziehungsanstalten im Großherzog= 
thum untersagt. Die Staatsregierung ist jedoch ermächtigt, für einzelne Personen in wider- 
ruflicher Weise Nachsicht von diesem Verbot zu ertheilen. S. o. 9# 142, 146. 
b) Die Kirchen überwachen und besorgen zwar den Religionsunterricht für ihre An- 
gehörigen, sind aber an diejenigen Anordnungen gebunden, welche von der Staatsregierung 
im Interesse der dem Staate zustehenden einheitlichen Leitung der Unterrichts= und Er- 
ziehungsanstalten getroffen werden. Hierüber s. o. 9§ 142, 146. 
J) Hinsichtlich der Bildungsanstalten für Geistliche. Die Kirchen sind befugt, 
Anstalten zur theologisch-praktischen Vorbildung der künftigen Geistlichen zu errichten. 
Desgleichen sind sie befugt, Pensionsanstalten (Konvikte) für solche zu errichten und 
zu unterhalten, welche behufs der vorgeschriebenen wissenschaftlichen Vorbereitung Gelehrten- 
schulen oder die Universität besuchen. Auf diese Anstalten finden die Vorschriften über 
die Lehr= und Erziehungsanstalten der Korporationen mit gewissen Beschränkungen An- 
wendung. Die Leiter, Lehrer und Erzieher an denselben müssen Deutsche sein?). 
IV. Die Freiheit und Selbständigkeit der Kirchen bezieht sich selbstverständlich nur 
auf den Kreis der eigenen Angelegenheiten jeder Kirche. S. o. 9§ 150 u. 151. 
Die Grenzen des äußeren Thätigkeitskreises der Kirchen innerhalb des 
Staates werden, soweit sie nicht aus der Natur der Sache sich ergeben, durch die staat- 
lichen Gesetze bestimmt. Diese haben u. A. noch besonders und ausdrücklich als Gegenstände 
nicht des kirchlichen, sondern des staatlichen Wirkens bezeichnet: 
1. die Leitung des öffentlichen Unterrichtswesens 2c.; 
2. die Gesetzgebung darüber, wer zu bestimmen hat, in welcher Religion die Kinder 
erzogen werden sollen; 
3. die Gesetzgebung über das Ehewesen und die Beurkundungen des bürgerlichen 
Standes 0. 
V. Die Wirksamkeit der Kirchen vollzieht sich, soweit nicht staatliche Mitwirkung 
hinzutritt, lediglich mit kirchlichen — geistigen — Mitteln und nur innerhalb des geistigen 
Herrschaftsgebietes derselben. Daher 
1) § 16a d. Ges. v. 9. Okt. 1860 in d. Fassung v. 1874. 
2) § 11 d. Ges. v. 9. Okt. 1860. Zur Zeit find im Großherzogthum eingeführt der Orden der barmt 
herzigen Schwestern des hl. Vincenz von Paula, Reg.Bl. 1845, Nr. VII, S. 65, die „Genossenschaf- 
der barmherzigen Schwestern vom hl. Franziskus in der Erzdiözese Freiburg", Staatsanzeiger 1892, 
Nr. XVI, S. 188, Nr. XXI, S. 235, 1894, Nr. XXIV, S. 263, die Kongregation der barmherzigen 
Schwestern vom hl. Kreuz von Ingenbohl, Staatsanzeiger 1893, Nr. XXVII, S. 275 u. 335. 
3) § 12 d. Ges. v. 9. Okt. 1860 in d. Fassung v. 1888. 
4) §§ 4—6 a. a. O.
	        
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