Full text: Gesetzsammlung für das Fürstenthum Reuss Jüngerer Linie. Einundwanzigster Band. 1891-1895. (21)

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III. 
Vorschriften für das Verhalten der Hebammen bei der 
Angenentzündung der Ueugeborenen. 
a) Die Augenentzündung der Neugeborenen zeigt sich oft schon in den ersien Tagen nach 
der Geburt, bald auf einem Auge, bald auf beiden Augen. Das erste Zeichen der Krankheit ist 
häufig die Verklebung der Augenlider im Schlaf. Weilerhin dringt gelber Schleim aus der Angen- 
lidspalte hervor, die Augenränder rölhen sich, die Angeulider schwellen an und es enlleert sich nun 
eine wässerige blunige oder eiterartige Flüssigkeit. 
Wenn diese Krankheit nicht zeitig genug ärzilich behandelt wird, so geht die Entzündung 
auf den Augapsel über und endet zuweilen schon nach wenigen Tagen mit unheilbarer Blindheit 
oder Trübung des Sehvermögens. 
) Die häufigste Ursache der Augenentzündung der Neugeborenen ist die Ansleckung der 
Augen derselben mit den Schleimen der Geschlechtotheile solcher Kreißenden oder Wöchnerinnen, 
welche au wund machendem weißen Flusse schon während der Schwangerschaft litten. 
er auch der von den kranken Augen abgesonderte eiterige Schleim ist ansteckend und 
wenn er unvorsichtiger Weise durch die Hände, oder durch zum Abwischen der Augen benuhler 
Gegenstände an ein gesundes Auge gebracht wird, so kann hier dieselbe gesährliche Kranlheit ent. 
sichen sowohl bei Erwachsenen als auch bei Kindern. 
) Zur Verhütung der Krankheil hal die Hebamme die Pflicht, Schwangere, welche an 
citerigem Schleimabgange leiden, auf die Gefahr, welche daraus für die Angen des Kindes entstehen 
lönne, aufmerksam zu machen, damit zur Beseitigung des Uebels ärztlicher Nath von der Schwangeren 
gesucht werde. 
4) Sofort nach der Geburt hat die Hebomme die Augen des Kindes von allem an ihnen 
hängenden Schleime sorgfältig zu reinigen. 
ie Hebamme nimmt ein feines, weiches Leinwandläppchen, feuchtet es mit reinem lauen 
Wasser an und wischt mil sansten Zügen von dem äußeren nach dem inneren Nasemwinkel die 
Augenlider ab, bis dieselben rein erscheinen, vermeidet dabei aber jeden Druck. Ein Schwamm 
darf zu dieser Reinigung nicht verwendet werden. 
Nach Beendigung der Reinigung hat die Hebamme ihre Hände sorgsältig zu waschen und 
1—2 Tropsen einer 2 /% Höllensteinlösung mittelst eines Tropsgläochens in die Augen des Kindes 
Dineinfallen zu lassen, indem sie die unteren Augenlider elwas herabzieht; die überschüssige Flüssigkeit 
wischt sie mit einem reinen Tuche ab. Dabei hat die Hebamme darauf zu achien, daß die Höllen- 
steinlösung sich nicht zersetzt hal, was sic an der Trübung und dem flockigen Niederschlag erkennt; 
ist dies geschehen, so muß die Lösung erneuert werden. 
) Bemerkt die Hebamme in den ersten Tagen nach der Geburt in einem oder beiden 
Augen des Kindes Zeichen der Krankheit, also Verklebung, Anschwellung, Röthung der Lider, so muß 
unbediug#t der Arzt sofort geholt werden. Wenn auch nur wenige Stunden mit der Herbeirufung
	        
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