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abstraktesten Form immer derselbe. Zu seiner Erreichung muss
der Staat Herrschermacht haben. Die suprema potestas, die
Eigenschaft prinzipiell oberste Gewalt, Bedingung jedes Rechtes,
unabhängig von jeder anderen Gewalt zu sein, die man ausschliess-
liche Bestimmbarkeit durch eigenen Willen !) genannt hat, ist ein
Essentiale des Staatsbegriffes, das in seiner Natur begründet liegt
und dessen Negation den Begriff des Staates als solchen aufhebt.
„Die Souveränität im juristischen Sinne, die vollkommene Un-
abhängigkeit des Staates von jeder anderen Gewalt auf Erden,
liegt dergestalt in seinem Wesen, dass man sagen kann, sie ist
geradezu das Kriterium für die Natur des Staates“ ?).
Jedenfalls ist diese Souveränetät des Staates eine einzige,
unteilbare und begrifflich stets gleichartige. Daher ist es unrichtig
eine völkerrechtliche und eine staatsrechtliche Souveränetät zu
unterscheiden®). Wohl aber kann man von einer Wirkung der
Souveränetät nach aussen und nach innen reden.
a) Soweit auf Nachbarvölker Rücksicht genommen wird, ist
diese Beachtung eine rein ausGründen politischer Natur gebotene'®).
TREITSCHKE bemerkt hierzu): „Als eine unabhängige Macht haben
wir den Staat bezeichnet. Dieser prägnante Begriff der Unab-
hängigkeit enthält einmal die rechtliche Selbständigkeit, dergestalt,
dass der Staat gar nicht im Stande ist rechtlich eine Gewalt über
sich zu dulden, und zweitens die staatliche Unabhängigkeit, eine
Fülle von Machtmitteln, die genügt ihn gegen auswärtige Eın-
flüsse zu schützen.“ Eine juristisch relevante Grösse über ıhm ist
schlechterdings unerfindlich, und streng genommen existiert das
sogenannte Völker,recht“, von diesem Standpunkte aus betrachtet,
überhaupt nicht. Die faktische Beschränkung des souveränen
Staates räumlich auf das Staatsgebiet, persönlich auf das Staats-
volk®) widerspricht diesem Gedanken nicht?). Der Staat ist mit-
hin prinzipiell etwas Alleinstehendes, von aussen her rechtlich nicht
1) Rosın:: S. 269; JELLINEK :Staatenverbindungen S. 34.— Dagegen HAnEL:
S. 117a. 2; MEYER-ANSCHOTZ: S. 22; ZORN: Staatsrecht |, S. 62 ff.
2) TREITSCHKE: 1. S. 35; ebenso S. 13, 102.
3) ZORN: a.a. 0. 1.S.66; JELLINEK: Staatenverbindungen S. 23. — A. A.
STÖRK: S. 8.
4) OÖ. Mayer: VerwR. Il. S. 454.
5) I. S. 35.
6) v. Liszt: S. 69.
7) Die Ueberschreitung ihres Territoriums seitens der Staatsgewalt ist an
sich kein Unrecht. AA. CurTıvus: S. 4.