Full text: Gesetzsammlung für das Fürstenthum Reuss Jüngerer Linie. Sechsundwanzigster Band. 1907-1909. (26)

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Verhältnisse angemessen berücksichtigen und den Bestimmungen des Gesetzes vom 
12. März 1907 entsprechen, da Abweichungen von diesen in Gemäßheit 8 51 Abs. 1 
der freiwilligen Entschließung der Gemeinden unter den dort angegebenen Voraus- 
setzungen überlassen sind. 
Mit dieser Maßgabe können aber im Falle eines dringenden Bedürfnisses 
die Gemeindebehörden von der Aufsichtsbehörde auch zum Erlasse neuer oder zur 
Aenderung bestehender Ortsgesetze ungehalten werden, und wenn einer solchen 
Anordnung innerhalb der gestellten Frist nicht nachgekommen worden ist, so ist 
das Ministerium, Abteilung für das Innere, befugt, an Stelle der Gemeinde- 
behörden selbst das Weitere zu veranlassen. 
Es ist dies dasselbe Staatsnotrecht, welches den Aufsichtsbehörden bezw. 
dem Ministerium, Abteilung für das Innere, hinsichtlich der Aufstellung von 
Bebauungsplänen durch § 5 Abs. 2 dieses Gesetzes und hinsichtlich des Erlasses 
von Pensionsbestimmungen für die Gemeindebeamten durch § 3 des Gesetzes 
vom 25. Jannar 1908 eingeräumt worden ist. 
Die Entscheidung darüber, ob ein die Amwendung dieses Staatsnotrechtes 
rechtfertigender Fall vorliegt, unterfällt nicht der richterlichen Nachprüfung, sondern 
lediglich dem Ermessen der zuständigen Behörde. 
Die von dem Ministerium, Abteilung für das Innere, auf dem ange- 
gebenen Wege getroffenen Satzungen haben in jeder Beziehung die Rechtsnatur 
eines Ortsgesetzes, werden also auch durch ein neues Ortsgesetz ohne weiteres 
geändert oder aufgehoben. 
Zu 8 53. 
§ 53 behandelt die für die Praxis außerordentlich wichtige Frage, inwie- 
weit Ausnahmen von den Vorschriften dieses Gesetzes, sei es im allgemeinen, sei 
es im Einzelfalle, zulässig sind. 
In dieser Beziehung läßt zunächst § 51 Abs.1 ortsgesetzliche Abweichungen 
ganz allgemein unter der Voraussetzung zu, daß sie durch „örtliche Verhältnisse 
geboten sind". 
Für die Anliegerleistungen trifft aber weiter § 53 Abs. 1 die Sonder- 
bestimmung, daß sie — auch ohne die eben erwähnte Voraussetzung — orts- 
gesetzlich ganz oder teilweise auf die Gemeindekasse übernommen werden können. 
Eine solche Regelung kann sich als zur Anregung und Förderung der Bau- 
tätigkeit und beschleunigter Beschaffung öffentlicher Verkehrsräume gecignet erweisen;
	        
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