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worden sind, wie ja die Vorschriften des Gesetzes vom 12. März 1907 über die
Wirkungen der Bebauungsplänc (Abschnitt III) und die Anliegerleistungen (Ab-
schnitt V) nicht einmal auf die nach § 3 Abs. 5 durch die Baupolizeibehörde fest-
gesetzten Fluchtlinien ohne weiteres Anwendung finden.
Nur hinsichtlich der schon vor Inkrafttreten des Gesetzes festgestellten
Fluchtlinien, bei deren Festsetzung ein den Vorschriften der §§ 8 bis 11 dieses
Gesetzes im wesentlichen entsprechendes Verfahren stattgefunden hat, treten sofort
die neuen Rechtofolgen ein. Dies trifft bei allen Bebauungoplänen zu, die in
einem dem Geraer Ortsstatute vom 24. Januar 1878 oder einem der diesem
nachgebildeten Statute entsprechenden Verfahren zu stande gekommen sind.
Wo aber Zweifel in dieser Hinsicht bestehen, sind bestehende Fluchtlinien
und Bebauungspläne baldigst in dem dem Gesetze entsprechenden Verfahren
anderweit festzustellen, sei es genau in der zeitherigen Gestaltung, sei es mit
Aenderungen.
Selbstverständlich können die Gemeinden dieses Verfahren auch dann ein-
schlagen, wenn ihnen die Ausstattung früher aufgestellter Bebauungsplänc mit
den Rechtswirkungen des Gesetzes vom 12. März 1907 irgend wie bedenklich
erscheint, sie können dann auch zur vollständigen Aufhebung seitheriger Flucht-
linien schreiten, und es wird in diesen Fällen dem Begriffe des öffentlichen Inter-
esses (5 12 Abs. 2) eine umfassendere Auslegung zu geben sein.
Zu § 55.
Das Gesetz vom 12. März 1907 beansprucht gegenüber dem bisherigen
Rechte ausschließliche Geltung.
Es setzt deshalb alle mit ihm in Widerspruch stehenden früheren Gesetze
und Verordnungen außer Kraft.
Da aber die Landesgesetzgebung auf dem von dem Gesetze vom 12. März 1907
geregelten Gebiete zeither nur in sehr geringem Umfange tätig gewesen ist —
hervorzuheben ist z. B. die nunmehr auch aufgehobene Ministerialbekanntmachung
vom 3. August 1859, die Errichtung neuer Wohnhäuser auf dem platten
Lande betr., (A.= u. V.-Bl. 1859 S. 150) —, so bezieht sich die aufhebende
Wirkung des Gesetzes im wesentlichen auf die mit ihm etwa in Widerspruch
stehenden Bestimmungen der einzelnen Ortsgesetze.
Um aber in dieser Beziehung baldigst die notwendige Rechtssicherheit zu
schaffen, schreibt § 55 Abs. 2 vor, daß bestehende Ortsgesetze innerhalb eines