Full text: Gesetzsammlung für das Fürstentum Reuss Jüngerer Linie. Siebenundwanzigster Band. 1910-1911. (27)

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Antrag des Gewerbtreibenden und nur in Fällen dringenden Bedürfnisses zu 
erteilen. Ein solches ist in der Regel nur anzunehmen für kleinere, nicht ständige 
Betriebe (Ziegeleien, Steinbrüche 2c.) und Banten, wenn eine zur Vornahme der 
Lohnzahlungen gecignete Räumlichkeit auf der Betriebsstätte oder in deren Nähe 
nicht vorhanden, ihre Beschaffung auch ohne unverhältnismäßige Kosten und 
Schwierigkeiten nicht zu bewirken ist. Voraussetzung der Genehmigung ist, daß 
Fürsorge getroffen ist, daß die ausgelöhnten Arbeiter nicht zur Entnahme von 
Speisen und Getränken oder Waren verleitet werden. 
Bei Erteilung der Erlaubnis ist stets der jederzeitige Widerruf aus- 
drücklich vorzubehalten. Für größere Bauten und ständige Betriebe ist die Er- 
laubnis niemals zu erteilen. Abschrift der schriftlich zu erteilenden Erlaubnis 
ist der höheren Verwaltungsbehörde d. h. dem Fürstlichen Ministerium, Abteilung 
für das Innere, einzureichen. 
C. Polizeiliche Verfügungen (88 120 d, 147 Abf. 1 Ziffer 4), 
Polizeiverordnungen (8 120e Abf. 2). 
I. Auf Grund des § 120 d können polizeiliche Verfügungen nur für 
einzelne gewerbliche Anlagen erlassen werden. Voraussetzung des Er- 
lasses einer solchen Verfügung ist, daß die Maßnahme, die angeordnet werden soll, 
a) zur Durchführung eines der in den §§ 120 u bis 120 enthaltenen 
Grundsätze erforderlich und 
b) nach der Beschaffenheit der einzelnen gewerblichen Anlagen überhaupt 
ausführbar ist. 
Gegenüber gewerblichen Anlagen, die bereits vor dem 1. Juni 1891 be- 
standen und seitdem eine Erweiterung oder einen Umbau nicht erfahren haben, 
ist die Zulässigkeit des Erlasses der polizeilichen Verfügung außerdem davon ab- 
hängig, daß es sich eutweder um die Beseitigung erheblicher, das Leben, 
die Gesundheit oder die Sittlichkeit der Arbeiter gefährdender Mißstände oder 
um Maßnahmen handelt, die ohne unverhältnismäßige Aufwendungen auoführ- 
bar erscheinen. 
II. Ist eine dringende, das Leben oder die Gesundheit bedrohende Gefahr 
zu beseitigen, so hat die Ortspolizeibehörde ohne Aufschub die erforderliche Ver- 
fÜgung zu erlassen und zur Ausführung zu bringen. Anderenfalls hat sie vor 
Erlaß ihrer Verfügung die gutachtliche Aeußerung des Gewerbeinspektors einzu- 
holen. Dieser hat sich auch über die Frist für die Ausführung der Maßregel 
auszusprechen. Spricht sich der Gewerbeinspektor gegen den Erlaß der
	        
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